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Archiv-Artikel

FELIX LEE ÜBER DAS DEUTSCH-CHINESISCHE VERHÄLTNIS Brüssel ist wichtiger als Peking

Was für eine Ehre. Als erstes und einziges Land in der EU hat Chinas neuer Regierungschef Li Keqiang bei seiner Antrittsreise Deutschland ausgewählt. Das hat symbolische Bedeutung – sollte aber nicht überbewertet werden.

In erster Linie spielen vor allem wirtschaftliche Gründe eine Rolle. Deutschland ist Chinas größter Handelspartner in Europa. Und im Gepäck hat Li denn auch eine Reihe von Wirtschaftsverträgen im Gesamtvolumen von fünf Milliarden Euro. Aber auch politisch hält Chinas neuer Regierungschef viel von der Kanzlerin. In der Eurokrise wirkt sie auf ihn eisern und durchsetzungsstark – Eigenschaften, die er auch für sich anstrebt.

Nicht einmal der Streit um EU-Strafzölle auf angeblich zu billige Solareinfuhren aus China scheint das Verhältnis zu trüben. Im Gegenteil: Obwohl mit dem Bonner Unternehmen Solarworld ein deutsches Unternehmen den Streit angefacht hat, haben sich Bundesregierung und eine Mehrheit der deutschen Industrie gegen Strafzölle ausgesprochen.

Und Li Keqiang dankt es. Er zieht Merkel ins Vertrauen und setzt bewusst auf die politische Schlagkraft der Kanzlerin statt auf direkte Verhandlungen mit der EU. Nach Brüssel hat Li lediglich seinen stellvertretenden Handelsminister geschickt.

Die Strafzölle sind falsch. Aus umweltpolitischer Sicht ist es nur wünschenswert, wenn der Preis von Solarmodulen weltweit fällt und damit für jeden erschwinglich wird.

Die Kanzlerin sollte sich dennoch nicht zu sehr von Chinas Regierungschef vereinnahmen lassen. So langatmig die politischen Prozesse in Brüssel sein mögen – allen guten Handelszahlen mit China zum Trotz: Die größten Handelspartner Deutschlands sitzen immer noch in Europa.

Ausland SEITE 10