Ex-Versicherungsvertreter angeklagt: Komm, wir fahr'n nach Budapest
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat zwei Ex-Vertreter der Hamburg-Mannheimer angeklagt. Sie sollen Geld für eine Sex-Reise nach Ungarn veruntreut haben.
![](https://taz.de/picture/186762/14/Thermedpa1budapest.jpg)
HAMBURG dpa | Die Lustreise von Top-Vertretern der damaligen Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer nach Budapest soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zwei ehemalige Manager vor Gericht bringen. Die Hamburger Behörde hat die 53 und 42 Jahre alten Männer wegen schwerer Untreue angeklagt, wie Sprecher Wilhelm Möllers am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa sagte.
„Wir werfen ihnen vor, mit der Beauftragung von Prostituierten und der Verschleierung der Kosten dafür gegen interne Richtlinien des Unternehmens verstoßen zu haben.“ Die Sex-Reise sei weder mit dem Unternehmenszweck noch mit dem Image der Versicherung vereinbar, erklärte Möllers. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren durch eine Strafanzeige von Ergo in Düsseldorf ins Rollen gekommen.
Im Juni 2007 hatte der Strukturvertrieb der Hamburg-Mannheimer in einem Bad in Budapest eine Sex-Orgie mit 20 Prostituierten für seine erfolgreichsten Vertreter organisiert. „Daran nahmen mindestens 64 Versicherungsvertreter sowie zwei Beschuldigte teil“, sagte Möllers.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Ergo-Tochter, die inzwischen den Holdingnamen trägt, ein Schaden von rund 52 000 Euro entstanden ist. Der damalige Vorstand habe den Ermittlungen zufolge nichts von der Lustreise gewusst, betonte Möllers.
Beihilfe zur Untreue
Auch gegen einen damaligen Mitgeschäftsführer einer Event-Agentur, der die umstrittene Reise plante, hat die Behörde Anklage erhoben – wegen Beihilfe zur Untreue. Die beiden früheren Manager hatten sich nach Möllers' Angaben an die Event-Agentur gewandt, um die sogenannte Incentive-Reise nach Budapest unter dem Motto „Party total“ zu organisieren.
„Die gemeinsame Planung sah nach unseren Erkenntnissen bereits vor, dass an der Party Prostituierte teilnehmen sollen.“ Das Trio habe aber gewusst, dass diese Leistungen "nicht vom Unternehmenszweck gedeckt" seien. Dennoch hätten die Beschuldigten einen Mann in Ungarn, dem gute Kontakte zum Budapester Rotlichtmilieu nachgesagt wurden, mit der Verpflichtung der Prostituierten beauftragt. Über die Event-Agentur sollen die Kosten verdeckt abgerechnet worden sein.
Die damaligen Führungskräfte hätten mehrere Rechnungen der Event-Agentur freigegeben, sagte Möllers. Sie durften zwar eigenverantwortlich externe Dienstleistungen von Agenturen in Anspruch nehmen – aber eben nur solche, die nicht gegen die internen Richtlinien des Unternehmens verstoßen. Insgesamt soll die Event-Agentur der Hamburg-Mannheimer rund 330 000 Euro in Rechnung gestellt haben.
Verhaltenregeln verschärft
Nach den Enthüllungen über den Sex-Skandal war die Ergo-Versicherungsgruppe im vergangenen Jahr in die Schlagzeilen geraten. Als Konsequenz aus der umstrittenen Reise hatte Ergo die Verhaltensregeln für Mitarbeiter und selbstständige Handelsvertreter verschärft.
Ende August war bekanntgeworden, dass die Konzernrevision weitere Fälle ans Tageslicht gebracht hat: Demnach haben Vertreter bei der Konzerntochter Hamburg-Mannheimer in den Jahren 2009, 2010 und 2011 Reisen in einen Swingerclub auf Jamaika organisiert. Ein zweites Ermittlungsverfahren der Hamburger Staatsanwaltschaft zu Ergo wegen des Verdachts auf Betrug bei Riester-Verträgen läuft noch. Die Behörde ermittelt gegen elf Manager des Konzerns.
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