: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Selig die Zeiten, als Revolutionen noch vom Theater ausgegangen sind. Obwohl man wahrscheinlich auch sagen muss, dass die Theatermacher hier ihre Rolle immer schon ein wenig überschätzt haben. Trotzdem ruft in der Volksbühne das deutsch-britische Performance-Kollektiv Gob Squad ab Donnerstag „Revolution now!“ und hofft dabei, unter Echtbedingungen sogar reales Volk für seine Theaterrevolution rekrutieren zu können, das sich auch außerhalb der Theatermauern bewegt. Warum die gesellschaftlichen Verhältnisse unbedingt verändert werden mussten, das hat dem deutschen Bürgertum am eindringlichsten Friedrich Schiller nahegebracht und zu diesem Zweck zart besaitete Bürgermädchen gnadenlos an den Verhältnissen zugrunde gehen lassen. Die Musikertochter Luise Millerin zum Beispiel, die in „Kabale und Liebe“ einen adeligen Offizier liebt und er sie. Aber die Standesgrenzen sahen damals derartige Verbindungen nicht vor. Im Deutschen Theater setzt nun ab Freitag Stephan Kimmig die berühmte Geschichte in Szene, mit Ulrich Matthes, Ole Lagerpusch und weiteren Stars des Hauses. Und dann waren da noch die enervierenden Kunstrevolutionen, die die Bürger im Parkett meist eher zum krampfhaften Bewahren der Verhältnisse statt zur Veränderung derselben trieben. Denn der Schock als solcher ist als Veränderungsmotivation allein nicht wirklich funktional. In diesen Regionen etwa verhandelt das Siegerstück des letztjährigen Stückemarkts „Das Prinzip Meese“ von Oliver Kluck die aktuelle Kunstproduktion, das nun im Studio des Maxim Gorki Theaters uraufgeführt wird, und zwar am kommenden Montag. Im Übrigen bliebe noch, auf die Wiedereröffnung des Wintergartenvarietés in der Potsdamer Straße am vergangenen Freitag zu verweisen, wo nun die formidable Meret Becker höchst eigen durch den Abend führt.
■ „Revolution now!“: Vollksbühne, ab Do.
■ „Kabale und Liebe“: Deutsches Theater, ab Fr.
■ „Das Prinzip Meese“: Gorki Studio, ab Mo.
■ „Die fabelhafte Varieté-Show“: Wintergarten, Mi.–So.