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■ RundumschlagEs wird ein Bakunin-Denkmal geben – Beiträge zum Anarchismus, Teil 2

Ein Denkmal für einen Anarchisten, für einen Anarchisten wie Bakunin? – das ist Blasphemie oder Architektur. Wenn ein Denkmal eine Architektur darstellt – wie etwa Mies van der Rohes Ehrenmal für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg (1926 von den Nazis zerstört), so sollte man meinen, daß ein Monument für einen Anarchisten eine Anarchitektur ist: Also anarchistische Baukunst und auf keinen Fall eine Monarchitektur – monolithisch wie ein Schloß – und auch keine Pararchitektur. Letzterer Begriff geht auf Walter Seitter zurück, der Pararchitektur im Sinne einer freien, aus „viel Nichts“ bestehenden Bauweise bestimmt – wie man sie bei einer Straße (laut Seitter eine ganz flache Mauer) oder einem aus vielen Bauelementen zusammengesetzten Haus findet. Anarchitektur – der Begriff kommt aus den USA – ist hingegen eine Methode, die Architektur zu umgehen, bloße Dekoration zu schaffen, so daß man das Bauwerk – wie etwa bei Hundertwassers läppischer Fassadenmalerei – kaum noch erkennt.

Wie soll nun ein Denkmal für Bakunin aussehen? Folgt man den Teilnehmern des Ideenwettbewerbs in der NGBK, so favorisiert eine große Anzahl monolithische Lösungen, also Monarchitektur: Stelen, Obelisken, Triumphbögen. Denkt man an die Definition der Anarchitektur, so gehören etliche Vorschläge der Ausstellung in dieses Reich schwiemeliger Dekorationen – sind ohne klare Form und Struktur und wirken wie Bildstörung und Tonausfall beim Endspiel. Obwohl gut gemeint, erinnern solche Entwürfe an „Liebestöter“ und sollten dem lieben Verstorbenen erspart bleiben.

Damit noch mal ein bißchen Bewegung in die Debatte um das Denkmal gerät, hier ein paar Anregungen im Sinne der Pararchitektur (leicht immateriell aufgeheizt): Wie wäre es mit einer Bakunin- Bar am Bakunin-Boulevard in der Stadt Baku? Oder: eine Bakunin- Band, –Bier oder –Brille? Noch lapidarer: ein Bakunin-Brett ..., aber bitte nichts aus Stein, keine Kathedrale, und wenn schon keinen Kosmos, dann bitte ganz harte Kerne! Peter Funken

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