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Archiv-Artikel

Entwidmung Kirche kommt in der Realität an

Sie wird nicht abgerissen. Hier werden auch künftig keine Filme gezeigt. Sie wird nicht zum Orgelmagazin, sondern weiter ein Ort der Andacht bleiben: Wenn in der hannoverschen Gustav-Adolf-Kirche gestern zum letzten Mal ein christlicher Ritus begangen wurde, ist das Grund zur Trauer für die sterbende protestantische Gemeinschaft. Der anstehende Verkauf des Gotteshauses ist nur Teil eines rigorosen Kürzungsprogramms, mit dem die 72 evangelischen Gemeinden in der Landeshauptstadt künftig jährlich 4,6 Millionen Euro einsparen wollen. Angesichts wegsackender Einnahmen ist das überlebenswichtig.

KOMMENTAR VON KAI SCHÖNEBERG

Gleichzeitig ist die kommende Ankunft einer neuen Religionsgemeinschaft in der Kirche ein Zeichen für den demographischen Wandel der Gesellschaft. Jüdische Gläubige, häufig aus Osteuropa, erobern sich ganz allmählich den Raum zurück, den sie vor der NS-Diktatur in Deutschland innehatten. Erfreulich, dass die erste Übergabe einer evangelischen Kirche an eine jüdische Gemeinde in Deutschland ohne antisemitisches Geplänkel über die Bühne ging – wie bei einem ähnlichen Projekt in Bielefeld. Noch erfreulicher ist, dass bereits im September hier der erste jüdische Kindergarten Hannovers eröffnen soll. Die lieben Götter, gleich welcher Glaubensrichtung, dürften das Treiben von oben mit Wohlwollen betrachten.