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Archiv-Artikel

Entdeckt! Hiltrud Schröder wird von Paparazzi beim Kellnern fotografiert

Ausgerechnet Schnitzel. Nein, die taz wird sich nicht an der drohenden Medienhetze beteiligen. Aber leider müssen wir doch berichten, dass sie jetzt kellnert. In einem schönen Waldcafé in ihrem schönen Heimatdorf bei Hannover. Dass sie dort Apfelkuchen serviert. Und eben auch Schnitzel.

„Entdeckt! Hier kellnert die Ex vom Kanzler“, grient die Bild und zeigt Paparazzi-Fotos, so genannte „Abschüsse“: Fotos, die offensichtlich ohne Wissen von Hiltrud Schröder entstanden sind. Wie Hillu „für Nachschub bei Tassen und Tellern“ sorgt, wie sie das Besteck „sorgfältig trocknet“. Interessant auch: „Die Ex-Frau des Bundeskanzlers hat gerade einen Teller abgeräumt, bringt ihn zur Spüle“.

Fakt ist offenbar: Frau Schröder hilft im Café umsonst aus, weil die Wirtsleute gute Bekannte sind. Wir wollen das nicht überprüfen. Frau Schröder ist nämlich Privatperson. Seit sieben Jahren. Aber sie interessiert offensichtlich doch noch. Die Vegetarierin, Umweltschützerin und Spen-deneinwerberin Hiltrud „Hillury“ Schröder hatte nämlich Krach mit ihrem Mann, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, heute „Audi-Kanzler“, weil Schröder zum vierten Mal verheiratet ist und das Audi-Logo vier Ringe hat. Ausgerechnet im Magazin der Süddeutschen Zeitung legte Hillu 1997, ein Jahr nach der Trennung, los: Nicht mal an den Kosten für die Herz-OP des Neufundländers habe sich der MP beteiligt, ihr stattdessen schriftlich geraten, die Hunde abzuschaffen und in eine Dreizimmerwohnung umzuziehen. Dann der Krampf um die Alimente: Hillus Buch „Auf eigenen Füssen“ brächte ja Geld, soll der Gerd gesagt haben. „Dallas, Denver, Hannover“, schrieb der Spiegel. Und: Was in deutschen Großstädten fast jeder zweiten Ehe widerfahre, gerate nun „zum Thema der Buckingham-Kategorie“. Die Kabale geht weiter. Sie: „Um Kanzler zu werden, muss er noch ein bisschen an sich arbeiten.“ Er: „Schnitzel musste ich an der Autobahnraststätte essen“. Ausgerechnet Schnitzel.

Lange hatte für die deutschen Presse gegolten: Berichtet wird über Privates nur mit dem Einverständnis des betroffenen Politikers – und am Rande. Früher gab es Fotos von Helmut Kohl samt Familie beim Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Spielen. Der Dammbruch in dieser Hinsicht war der „Rosenkrieg“ der Schröders. Es folgten: Brioni-Kanzler, planschende Verteidigungsminister, zuletzt und irrwitzig gesteigert das schill-beustsche Debakel. Dass aber nun schon Privatiers, relative Personen der Zeitgeschichte, ohne ihr Wissen von Fotografen belagert werden, hat eine neue Qualität. Also, liebe Kollegen von der Bild und sonstwo: Laßt „die Ex vom Kanzler“ in Frieden kellnern. Sonst kommen bald die taz-Paparazzi und machen Abschüsse. Von Euch. Beim Grillen, beim Shoppen, beim Spazierengehen. Oder, wenn ihr mal bei Freunden als Aushilfe kellnert. Gnadenlos.  Kai Schöneberg