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Archiv-Artikel

Ein faires Saddam-Urteil kann nur in Den Haag gesprochen werden Gerechtigkeit für den Diktator

Der Prozess gegen Saddam Hussein ist eine Chance für die internationale Strafgerichtsbarkeit. Das klingt widersprüchlich. Das Verfahren gestern in Bagdad hat ja vor einem nationalen Tribunal begonnen. Doch viel spricht dafür, dass sich im Lauf der kommenden Monate dessen Defizite und dessen mangelnde Befriedungsfunktion erweisen werden.

Die ideale Instanz für einen Prozess wie den gegen Saddam Hussein ist der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag. Dort sitzen anerkannte Juristen aus allen Rechtssystemen der Welt. Mit dem völkerrechtlich fragwürdigen Krieg im Irak haben sie ebensowenig zu tun, wie mit der Rivalität der dortigen Volksgruppen. Sie sind also in dem Maße unabhängig vom zu verhandelnden Konfliktstoff, wie man das von einem Gericht erwarten kann und muss.

Von sich aus kann der IStGH den Fall nicht aufgreifen. Zum einen hat der Irak das Statut des Gerichtshofes nicht ratifiziert, zum anderen liegen Saddams Verbrechen vor dem Stichtag im Juli 2002. Allerdings könnte der UN-Sicherheitsrat den Fall Saddam jederzeit nach Den Haag überweisen.

Bisher ist ein derartiger Versuch nicht gemacht worden, weil mit einem Veto der USA zu rechnen war, die den IStGH generell ablehnt. Außerdem hat die neue irakische Regierung den Prozess gegen den Ex-Diktator als Prestigesache angesehen.

Dies könnte sich schnell ändern, wenn sich zeigt, dass mit dem Saddam-Prozess innenpolitisch eher Öl ins Feuer des Bürgerkriegs gegossen wird – sei es weil sich die eher unerfahrenen irakischen Richter zu viele rechtsstaatliche Schnitzer erlauben, sei es weil der von den USA finanzierte Prozess an sich provoziert.

Ein Ausweg wäre, das Verfahren nach dem Abschluss des ersten Anklagepunktes doch noch in Den Haag fortzuführen. Die USA würden dann wohl zur Bedingung stellen, dass ihre Unterstützung Saddams im Krieg mit dem Iran nicht untersucht werden darf. Aber diese Kröte könnte die Weltgemeinschaft schlucken, wenn im übrigen ein Akzeptanz schaffender Prozessverlauf durch ein über den Parteien stehendes internationales Gericht gesichert ist. Christian Rath