Ein Griot in Berlin

NACHRUF Er war Musiker, Schauspieler, Kurator und Ermöglicher. Abdourahmane Diop ist vergangene Woche gestorben

Wer sich in Berlins migrantisch geprägten Musikszenen umtat, kam an ihm nicht vorbei. Das lag nicht nur an seiner stattlichen Erscheinung, mit der Abdourahmane Diop jede Bühne beherrschte. Es lag auch an den vielen Projekten, an denen der Percussionist und Sänger zeit seines Lebens mitwirkte.

Als „Doyen der afrikanischen Musikszene“ würdigt ihn die Werkstatt der Kulturen, wo Abdourahmane Diop eine Musikreihe kuratierte und wo er auch häufiger auftrat – das letzte Mal beim Eröffnungskonzert zu den „Nächten des Ramadan“ im Juli. Das Konzert seines Bandkollektivs 1884 am vergangenen Freitag an gleicher Stelle konnte er hingegen nicht mehr miterleben: Zwei Tage zuvor war er nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 63 Jahren verstorben. Ihren Auftritt widmeten die Bandkollegen daraufhin spontan zu einer Hommage an den Verstorbenen um.

Der Geschichtenerzähler

Abdourahmane Diop entstammte einer Dynastie westafrikanischer Griots, deren Rolle traditionell darin bestand, als Geschichtenerzähler, Musiker und Poeten das historische Erbe ihrer Völker an nachfolgende Generationen weiterzutragen. Ein Engagement an der Schaubühne, ausgerechnet zur Aufführung des Jean-Genet-Stücks „Die Neger“, führte Diop vor 30 Jahren aus dem Senegal nach Berlin. Seither spielte er, der hier seinen Vornamen Gilbert ablegte, in verschiedenen Filmen, Theaterstücken und Bands mit. Er prägte die wachsende westafrikanische Community der Stadt und brachte sie mit anderen Musikszenen in Kontakt.

„Er kannte jeden, und jeder kannte ihn“, rühmt Philippa Ebené, die Leiterin der Werkstatt der Kulturen, seine Rolle als Vermittler und Mentor, der ganz unterschiedliche Menschen zusammenzubringen vermochte. „Er war jemand, der sich in jedem musikalischen Kontext zurechtfinden konnte und dabei doch immer er selbst geblieben ist.“

Bei dieser Umtriebigkeit erstaunt es, dass der musikalische Nachlass in Form von Studio-Aufnahmen bescheiden geblieben ist. Mit dem US-amerikanischen Jazzgitarristen Jean-Paul Bourelly nahm Abdourahmane Diop ein Album auf, mit dem italienischen Komponisten Giovanni Sollima ein anderes. Besondere Beachtung verdient das Music-History-Projekt „1884“, das im vergangenen Jahr zum 125. Jahrestag der Afrika-Konferenz die Aufteilung des Kontinents in europäische Kolonien auf musikalische Weise kommentierte – mit nigerianischem Afrobeat, M’Balax aus dem Senegal und Souk aus dem Kongo sowie Jazz-, HipHop- und Reggae-Zitaten.

Nach der rituellen Waschung in der Moschee am Columbiadamm wird Abdourahmane Diops Leichnam am Freitag in den Senegal überführt und am gleichen Tag beerdigt. Seine Musikerkollegen erweisen ihm am Sonntag mit einem Gedenkkonzert in der Werkstatt der Kulturen die letzte Ehre.

DANIEL BAX

■ Gedenkkonzert: 26. 8., 20 Uhr, Werkstatt der Kulturen, Wissmannstraße 32