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Archiv-Artikel

ERICH RATHFELDER ÜBER DIE WAHLERGEBNISSE IN BOSNIEN UND HERZEGOWINA Brüssel muss Dayton revidieren

Die multinationalen Sozialdemokraten können sich als überragende Sieger fühlen. Mit dem in allen Bevölkerungsgruppen beliebten Sozialdemokraten Zeljko Komsic wurde sogar ein Kandidat in den dreiköpfigen Präsidentschaftsrat gewählt, der in seinem Programm explizit die Aufhebung aller ethnisch-nationalen Grenzen fordert. Und auch die bosniakische Nationalpartei SDA will einen versöhnlichen Neuanfang. Selbst in der Republika Srpska, dem serbischen Teilstaat, ist ein Wandel eingetreten. Die vorher unumschränkt herrschende und nationalistisch ausgerichtete Partei des Ministerpräsidenten Milorad Dodik hat zum Teil herbe Verluste einstecken müssen. Dagegen gehen die Parteien der demokratischen Opposition offenbar gestärkt aus der Wahl hervor.

Hoffnung gibt zudem der Umstand, dass Haris Silajdzic, als Vertreter der Bosniaken im Staatspräsidium, geschlagen ist. Weil Silajdzic die Auflösung der Republika Srpska forderte, konnte Dodik mit der Drohung kontern, die serbische Teilrepublik in die Unabhängigkeit zu führen und das Land aufzuspalten. Die Antipoden der letzten vier Jahre haben einander gebraucht. Und beide wurden abgestraft.

Dodik zwar noch nicht genug. Doch letztlich weiß auch er, dass seine Politik der Teilung gegen den Widerstand Europas und der USA nicht durchsetzbar ist. Und auch, dass die Dayton-Verfassung für den Weg nach Europa nicht genügt. Das Land braucht einen neuen Verfassungskompromiss. Das Wahlergebnis in beiden Teilstaaten sollte die Außenpolitiker und die Kommission in Brüssel ermutigen, eine aktive und druckvolle Rolle im Verfassungsprozess von Bosnien und Herzegowina zu spielen, anstatt ständig nur mit dem Abzug der internationalen Institutionen zu drohen. Es gibt neue Chancen.

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