ERIC BONSE ÜBER DIE EU-BEAMTENGEHÄLTER : Berliner Neiddebatte
Der Streit über das EU-Budget der Jahre 2014 bis 2020 hat eine hässliche Wendung genommen. Ab sofort wird nicht mehr über Sinn und Unsinn von Agrarsubventionen diskutiert. Auch ob die neue Finanzsteuer dem EU-Budget zugutekommen und Wachstumsprogramme finanzieren soll, bleibt ungeklärt.
Plötzlich geht es nur noch um ein Thema: Verdienen EU-Beamte mehr als Kanzlerin Merkel – und wenn ja, was kann man dagegen tun? Soll man die EU rückbauen und die EU-Kommission eindampfen, wie es der britische Premier Cameron fordert? Oder reicht es, das Verwaltungsbudget kräftig zusammenzustreichen? Die bizarre Debatte geht auf einen Bild-Bericht zurück. Die Zeitung empörte sich als erste über den „Brüsseler Gehaltswahnsinn“. Allerdings nahm die Geschichte am Wochenende ungeahnte Dimensionen an. „Tausende EU-Beamte verdienen mehr als Merkel“, hieß die mediale Erregung.
All das wäre nicht weiter schlimm, wenn es um eine rationale Abwägung ginge. Natürlich darf man die Beamtengehälter und EU-Privilegien kritisieren. Angesichts der von Brüssel verordneten Austeritätspolitik muss man das sogar. Natürlich darf man das Gehalt der Eurokraten mit dem der Regierungschefs vergleichen.
Doch hier geht es nicht um eine rationale Abwägung, sondern um eine Neiddebatte, die – wenn nicht alles täuscht – bewusst von Berlin geschürt wird, um Druck auf die EU-Kommission zu machen. Deren Ziel ist, den „Eurokraten“ den Rest von Legitimation zu entziehen, um leichter deutsche Interessen durchzusetzen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung ist nämlich entschieden dagegen, die unsinnigen Agrarsubventionen zu kürzen. Merkel ist auch dagegen, die Finanzsteuer für Wachstum zu nutzen. Doch darüber redet sie nicht gern. Lieber startet sie populistische Ablenkungsmanöver.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8