: Durchsuchung nach Waffe bei MLPD–Mitglied erfolglos
■ Statt für eine Pistole interessierten sich die Beamten für Akten Polizei wurde erst Monate nach Denunziation aktiv
Stuttgart (taz) - Am vergangenen Dienstag, morgens um 6 Uhr, wurde die Esslinger Arbeiterin Eva Margarethe Diehl ruppig geweckt. Beamte von der Esslinger Kripo standen mit einem Durchsuchungsbefehl vor der Tür. Gegen Frau Diehl, so die Beamten, bestünde der Verdacht eines Vergehens gegen das Waffengesetz. Sichergestellt werden sollten: „Unerlaubt besessene Schußwaffen nebst zugehöriger bzw. unerlaubt erworbener Munition, insbesondere einer Pistole Kaliber 7,65.“ Die Beamten schauten sich oberflächlich um, blätterten in Aktenordnern und Zeitschriften. Das Versteck der gesuchten Waffe schien sie nicht weiter zu interessieren. Frau Diehl, Mitglied der Marxistisch Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) ist sich auch sicher, daß die Beamten wußten, daß sie keine Waffe besitzt, und sich mit dem Durchsuchungsbefehl nach anderen Dingen umsehen wollten. Wie fragwürdig die Verdachtsmomente waren, stand nämlich bereits in der Durchsuchungbegründung zu lesen: „Auf Grund von - später anläßlich der polizeilichen Vernehmung allerdings abgestrittener - Äußerungen eines Gastes in einer Gaststätte in Dortmund steht die Beschuldigte im Verdacht, anläßlich ihres dortigen Aufenthaltes eine Pistole Kaliber 7,65 mitgeführt zu haben.“ Das war bereits vor mehr als zwei Monaten. Frau Diehl war damals tatsächlich in Dortmund, und auch in dem besagten Lokal. In einer Diskussion über Terrorismus hatte sie auch ihre politischen Ansichten geäußert. Der Wirt der Kneipe und ein weiterer Gast hatten das mitangehört und mit der Begründung, die Frau trage eine Waffe des entsprechenden Kalibers in ihrer Handtasche, die Polizei alarmiert. Frau Diehl war daraufhin von Beamten der Dortmunder Polizei festgenommen und durchsucht worden. Gefunden wurde nichts, die Sache schien erledigt. Frau Diehl und ihre politischen Freunde betrachten die Hausdurchsuchung in der vergangenen Woche als gezielten Versuch, ihre Partei im Vorfeld der kommenden Bundestagswahlen zu kriminalisieren. Der MLPD wird vom Bundeswahlleiter bis heute die Aufnahme in die offizielle Wahlliste verweigert, die Partei hat damit auch keinen Anspruch auf Selbstdarstellung in öffentlich–rechtlichen Medien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen