: Durch Kapitalschnitt soll Coop wieder flott werden
■ Neuer Chef / Weitere Verhaftung / Ex-Boss Otto will sich freiwillig melden
Frankfurt (dpa) - Der schwer angeschlagene Handelskonzern Coop soll mit einem neuen Mann an der Spitze aus der Krise kommen. Der Aufsichtsrat hat den ehemaligen stellvertretenden Chef der Massa AG, Franz Wolf, vom 1. Dezember an zum neuen Vorstandssprecher der Coop AG bestellt. Dies teilte der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Friderichs auf der Hauptversammlung am Donnerstag in Frankfurt mit. Der bisherige Sprecher Peter Neubert scheidet dafür Ende des Jahres aus.
Unterdessen hat die Frankfurter Staatsanwaltschaft eine weiteres ehemaliges Vorstandsmitglied des Einzelhandelskonzerns verhaftet. Nach 'dpa'-Informationen handelt es sich um Dieter Hoffmann, der bis Ende 1988 im Vorstand der Coop AG war. Mit ihm sind damit sechs einstige Spitzenmanager wegen des Verdachts der Untreue, der Bilanzfälschung und des Kreditbetrugs in Untersuchungshaft. Hoffmann wurde am Mittwoch nachmittag in Frankfurt festgenommen.
Wie das Coop-Vorstandsmitglied Hanspeter Ricken den rund 400 in Frankfurt erschienenen Aktionären erläuterte, hat der in letzter Minute vor dem Konkurs gerettete Einzelhandelskonzern im 2. Halbjahr 1989 wieder Umsatzzuwächse von bis zu zwei Prozent erzielen können. „Die Abwanderungen des Jahres 1988 und des ersten Quartals 1989 sind gestoppt.“ Für das laufende Jahr rechnet der Vorstand mit einer Halbierung des operativen Verlustes auf rund 200 Millionen DM. Im Geschäftsjahr 1988 war dagegen ein Betriebsverlust von 360 Millionen DM entstanden, sagte Ricken. „Eine weitere Besserung der Lage wird für 1990 erwartet.“
Die weitere Gesundung des Einzelhandelskonzerns soll nach Darstellung von Vorstandsmitglied Manfred Spurzem mit einer Straffung des Managements und Konzentration auf das eigentliche Handelsgeschäft forciert werden. Dazu werden Läger geschlossen, der Einkauf zentralisiert und Großmärkte ausgebaut sowie noch vorhandene Fachmärkte abgegeben.
Die Hauptversammlung verlief trotz des vorgeschlagenen Kapitalschnitts äußerst moderat. Von professionellen Kleinaktionärsvertretern wurden aber erneut schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen Vorstand unter Bernd Otto gemacht. Für die mehrheitliche Annahme des vorgelegten Sanierungskonzepts sorgten die vier Coop-Eigentümerbanken mit zusammen 72 Prozent des Kapitals, die die Vorschläge unterstützten: der Schweizerische Bankverein, die Svenska Handelsbanken, die niederländische Amro-Bank und das US-Geldhaus Security Pacific.
Im Kern geht es darum, den 88er Konzernverlust von 2,6 Milliarden Mark in den Griff zu bekommen. Dazu wird das nur noch auf dem papier stehende Grundkapital per Hauptversammlungsbeschluß von derzeit 450 Millionen auf lediglich 14.000 DM zusammengestrichen. Einer Sonderbehandlung der KleinaktionärInnen verweigerten sich die Großbanken.
Die Aktien sind damit fast wertlos, deren Inhaber aber berechtigt, an der im zweiten Schritt vorgesehenen Kapitalerhöhung teilzunehmen. Diese Erhöhung um 70 auf 70,014 Millionen DM geschieht durch die Ausgabe von 1,4 Millionen neuer Aktien a 50 DM, die zu einem Kurs von 250 DM verkauft werden. Die neuen Aktien werden zunächst von einem Konsortium unter der Führung der DG Bank und der BfG übernommen, damit der Zufluß von neuem Geld an die Coop auf jeden Fall gesichert ist.
Der ehemalige Coop-Vorstandsvorsitzende Bernd Otto will von seinem derzeitigen Wohnsitz in Kapstadt „freiwillig“ nach Frankfurt reisen und sich „Anfang der nächsten Woche bei der zuständigen Staatsanwaltschaft melden“. In einer am Donnerstag per Telefax an das 'dpa'-Büro in Johannesburg übermittelten „Pressemeldung“ teilte Otto mit, der wolle „aktiv an der Aufklärung der erhobenen Vorwürfe mitarbeiten“.
Otto hat sich im Februar dieses Jahres nach Südafrika abgesetzt. In der Mitteilung erklärte Otto, er sei am Dienstag vom Bundeskriminalamt unterrichtet worden, daß die Ermittlungsbehörden „im Falle der Coop AG zahlreiche Haftbefehle, u.a. auch gegen mich, erlassen haben“. Er wolle deshalb „umgehend freiwillig“ nach Frankfurt reisen.
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