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Drogenexperte über Komatrinken"Wir brauchen schärfere Kontrollen"

Wenn Jugendliche ihre Grenzen mit Unmengen Schnaps austesten wollen, helfen höhere Preise oder Werbeverbote nur begrenzt, meint Michael Hoffmann-Bayer vom Drogennotdienst Berlin.

Drogenexperte Hoffmann-Bayer: "Die Jugendlichen wollen bewusst ihre körperlichen Grenzen überschreiten." Bild: dpa
Heide Oestreich
Interview von Heide Oestreich

taz: Herr Hoffmann-Bayer, ein 16-Jähriger bekommt in einer Kneipe 45 Gläser Tequila. Kann das jederzeit wieder passieren?

Michael Hoffmann-Bayer

ist Geschäftsführer des Notdienstes für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin. Der Verein berät und betreut Süchtige und arbeitet mit gefährdeten Jugendlichen.

Haftstrafe für Wetttrinken

Im Prozess um ein tödliches Wetttrinken hat das Berliner Landgericht am Freitag einen Berliner Gastwirt zu drei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt. Der 28-Jährige wurde der Körperverletzung mit Todesfolge sowie des vorsätzlichen Alkoholausschanks an Jugendliche schuldig gesprochen. Bei dem Duell im Februar 2007 trank ein 16-Jähriger gut 45 Tequila, er starb vier Wochen später.

Michael Hoffmann-Bayer: Das ist sicher nicht normal. Aber das Problem ist ja bekannt: Die Wirte und auch die anderen Verkäufer achten selten darauf, wem sie was verkaufen. Wenn das Jugendschutzgesetz eingehalten würde, könnte man dieses Verhalten eindämmen, schon betrunken noch mehr zu kaufen und dann noch mehr und noch mehr. Das Problem ist ja, dass die Jugendlichen mit Absicht ihre körperlichen Grenzen überschreiten wollen. Dass das tödlich sein kann, ist ihnen nicht bewusst.

Wie bringt man die Verkäufer dazu? Mit jugendlichen Testkäufern, wie die Innenminister es wollen?

Das kann man durchaus machen. Seitdem die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing Druck macht, wird insgesamt sehr viel mehr über das Trinken von Jugendlichen geredet. Und das hat schon etwas bewirkt. Den Verkäufern ist klar geworden, dass sie Gesetze brechen und dass sie dafür belangt werden können. Uns berichten Jugendliche, dass sie größere Schwierigkeiten haben, an Alkohol zu kommen.

Die Diskussion allein reicht also aus?

Nein, es müssen natürlich schärfere Kontrollen her. Wenn Jugendliche ins Krankenhaus eingeliefert werden, dann müssen Polizei oder Ordnungsamt ermitteln, woher sie den Alkohol haben. Den Verkaufsstellen muss klar sein, dass sie ihre Konzession verlieren können, wenn sie dieses Gesetz nicht einhalten.

Der Aktionsplan von Frau Bätzing ist gescheitert. Sie wollte ein Werbeverbot, höhere Steuern, keine Sport-Sponsorenverträge mehr mit Brauereien. Ist sie übers Ziel hinausgeschossen?

Nein, es war wichtig, mit Maximalforderungen einzusteigen. Die Werbung verherrlicht das Alkoholtrinken. Es würde schon etwas nützen, wenn die ARD nicht meinte, dass man den "Tatort" nur mit einem Bier genießen kann. Den Alkohol zu verteuern ist auch eine Lösung. Aber wir haben mit der Hochrisikogruppe zu tun, die findet immer einen Weg, an Alkohol heranzukommen. Für sie ist es wichtiger, dass der Jugendschutz konsequent angewandt wird. Und sie brauchen Information: Was macht der Alkohol mit meinem Körper? Was hat das für Konsequenzen, wenn ich in die Mühle der Polizei gerate, und so weiter. Es ist unglaublich, was die alles nicht wissen.

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10 Kommentare

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  • A
    AbundzuKifferin

    Ach ja... wenn das Kiffen bloß legal wäre... So super gesund ist zumindest der Rauch-Konsum von Cannabis auch nicht, da meist gemischt mit Tabak. Breit Autofahren ist nicht weniger gefährlich als besoffen. Und das Suchtpotential wird weitgehend unterschätzt. OK: Als Tee und Gebäck und so selten wie möglich konsumiert macht's nur schön dicht. Aber letztlich gilt: Droge, ob legal oder illegal, bleibt Droge und der Gesundheit (geistig wie körperlich) nicht eben zuträglich. Und apropos "Sich-tot-kiffen": Auf lange Sicht funktioniert das genauso gut wie mit Zigaretten.

  • A
    aso

    Wir brauchen endlich eine Cannabis – Freigabe.

    Dies würde helfen viele Leben zu retten.:

    Jeder, der schon mal gekifft hat, und zeitgleich Alkohol konsumiert hat, weiß, daß ihm übel wird, falls er zuviel Akohol trinkt. Denn diese beiden Drogen sind nicht kompatibel. Insofern wird jeder, der kifft aufpassen, daß er nicht zuviel trinkt. Eine lebensrettende Maßnahme.

    Die von der Bundesregierung aufgrund ihrer abstrusen Drogenpolitik verhindert wird.

    Angesichts von jährlich ca.100.000 Nikotin-Toten, und ca. 70.000 Alkohol-Toten sind die Toten durch illegale Drogen mit 1449 Menschen in 08

    eine winzige Minderheit.

    Die überproportionale Kosten für Strafverfolgung und Gesundheitswesen verursachen.

    Doch wie viele von diesen 1449 Menschen sind gestorben, weil sie Cannabis „mißbraucht“ haben?

    „Drogenbeauftragte“ Sabine Bätzing möge die Zahlen endlich vorlegen, denn sie hält Cannabis trotz der im Vergleich zu anderen Drogen, womöglich „weniger jährlichen Toten“ nicht für gesundheitlich unbedenklich...

    Wann stand zuletzt in der „Bild“, es habe sich schon wieder ein Jugendlicher zu Tode gekifft?

    Weil er als Mutprobe zeigen wollte, wie viele Joints er verträgt...?

    „Expertin“ Fr. Bätzing weiß es?

    Daß Verbote von Drogen irrational sind und den Konsum nicht verhindern können, zeigen historische Beispiele.

    Zum Tabak:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Tabakkonsums#Verbotsversuche_im_16._und_17._Jahrhundert

    Zum Kaffee (der auch im Osmanischen Reich ab 1511 zeitweise verboten war):

    http://www.drogenkult.net/?file=text012&view=8

    Drogenverbote hatten und haben allzeit eher was mit Politik zu tun, als mit der Gesundheit der Bürger.

    Man sollte daher das Kreuz nicht dort machen, wo Kids zu einem „maßvollen“ Umgang mit Alk. aufgefordert werden (wie von Fr. Bätzing), harmlose Drogen aber verboten bleiben...

  • ID
    Irgen Dwer

    Alkoholhaltige getränke, in welchem reinheitsgrad und promillezahl auch immer, sind in unserer gesellschaft kulturell verankert. Es hängt nur damit zusammen, wieviel geld man ausgeben möchte für eine gute qualität. Und natürlich in welchem sozialen umfeld man sich bewegt. Ich habe keine probleme mit bikern bei einem weißbier die tour ausklingen zu lassen. Nur sollte man sich davor hüten, saufen und trinken zu verwechseln. Und trinken will auch gelernt sein.

  • G
    Gockeline

    Jetzt schreien alle nach Kontrollen.

    Das ist nicht zu machen,die Kids wissen wie sie an Alkohol kommen können.

    Es ist eine Zeitdroge für junge Menschen geworden.

    Früher hatte man Mutproben und solche Dinge,aber harmlos.

    Heute ist bei allen ein ordentlicher Rausch was tolles.

    Fragen sie alle die Drogen nehmen,sie werden ihnen sagen,das ist doch nicht schlimm.

    So lange wir nicht in Schule und im Elternhaus den Alkohol als das darstellen als das er ist,und aufzeigen was damit angestellt wird,wird sich nichts ändern.

    In den 60er Jahren war Haschisch unaufhaltbar,dann kamen die anderen härteren Drogen,heute ist der Alkohol mit allen Begleitumständen das schlimmste Drogenmittel überhaupt geworden.

    Kostet Unsummen für die Krankenkasse und hinterläßt oft ein Lebenlang Schäden.

    Bildung und Erziehung von Kindesbeinen an ist die bessere Lösung.

  • W
    Waldo

    Noch wichtiger wäre es der Jugend eine Zukunft zu bieten, der man nicht jedes Wochenende im Koma entfliehen muss.

  • A
    AbundzuKifferin

    Ach ja... wenn das Kiffen bloß legal wäre... So super gesund ist zumindest der Rauch-Konsum von Cannabis auch nicht, da meist gemischt mit Tabak. Breit Autofahren ist nicht weniger gefährlich als besoffen. Und das Suchtpotential wird weitgehend unterschätzt. OK: Als Tee und Gebäck und so selten wie möglich konsumiert macht's nur schön dicht. Aber letztlich gilt: Droge, ob legal oder illegal, bleibt Droge und der Gesundheit (geistig wie körperlich) nicht eben zuträglich. Und apropos "Sich-tot-kiffen": Auf lange Sicht funktioniert das genauso gut wie mit Zigaretten.

  • A
    aso

    Wir brauchen endlich eine Cannabis – Freigabe.

    Dies würde helfen viele Leben zu retten.:

    Jeder, der schon mal gekifft hat, und zeitgleich Alkohol konsumiert hat, weiß, daß ihm übel wird, falls er zuviel Akohol trinkt. Denn diese beiden Drogen sind nicht kompatibel. Insofern wird jeder, der kifft aufpassen, daß er nicht zuviel trinkt. Eine lebensrettende Maßnahme.

    Die von der Bundesregierung aufgrund ihrer abstrusen Drogenpolitik verhindert wird.

    Angesichts von jährlich ca.100.000 Nikotin-Toten, und ca. 70.000 Alkohol-Toten sind die Toten durch illegale Drogen mit 1449 Menschen in 08

    eine winzige Minderheit.

    Die überproportionale Kosten für Strafverfolgung und Gesundheitswesen verursachen.

    Doch wie viele von diesen 1449 Menschen sind gestorben, weil sie Cannabis „mißbraucht“ haben?

    „Drogenbeauftragte“ Sabine Bätzing möge die Zahlen endlich vorlegen, denn sie hält Cannabis trotz der im Vergleich zu anderen Drogen, womöglich „weniger jährlichen Toten“ nicht für gesundheitlich unbedenklich...

    Wann stand zuletzt in der „Bild“, es habe sich schon wieder ein Jugendlicher zu Tode gekifft?

    Weil er als Mutprobe zeigen wollte, wie viele Joints er verträgt...?

    „Expertin“ Fr. Bätzing weiß es?

    Daß Verbote von Drogen irrational sind und den Konsum nicht verhindern können, zeigen historische Beispiele.

    Zum Tabak:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Tabakkonsums#Verbotsversuche_im_16._und_17._Jahrhundert

    Zum Kaffee (der auch im Osmanischen Reich ab 1511 zeitweise verboten war):

    http://www.drogenkult.net/?file=text012&view=8

    Drogenverbote hatten und haben allzeit eher was mit Politik zu tun, als mit der Gesundheit der Bürger.

    Man sollte daher das Kreuz nicht dort machen, wo Kids zu einem „maßvollen“ Umgang mit Alk. aufgefordert werden (wie von Fr. Bätzing), harmlose Drogen aber verboten bleiben...

  • ID
    Irgen Dwer

    Alkoholhaltige getränke, in welchem reinheitsgrad und promillezahl auch immer, sind in unserer gesellschaft kulturell verankert. Es hängt nur damit zusammen, wieviel geld man ausgeben möchte für eine gute qualität. Und natürlich in welchem sozialen umfeld man sich bewegt. Ich habe keine probleme mit bikern bei einem weißbier die tour ausklingen zu lassen. Nur sollte man sich davor hüten, saufen und trinken zu verwechseln. Und trinken will auch gelernt sein.

  • G
    Gockeline

    Jetzt schreien alle nach Kontrollen.

    Das ist nicht zu machen,die Kids wissen wie sie an Alkohol kommen können.

    Es ist eine Zeitdroge für junge Menschen geworden.

    Früher hatte man Mutproben und solche Dinge,aber harmlos.

    Heute ist bei allen ein ordentlicher Rausch was tolles.

    Fragen sie alle die Drogen nehmen,sie werden ihnen sagen,das ist doch nicht schlimm.

    So lange wir nicht in Schule und im Elternhaus den Alkohol als das darstellen als das er ist,und aufzeigen was damit angestellt wird,wird sich nichts ändern.

    In den 60er Jahren war Haschisch unaufhaltbar,dann kamen die anderen härteren Drogen,heute ist der Alkohol mit allen Begleitumständen das schlimmste Drogenmittel überhaupt geworden.

    Kostet Unsummen für die Krankenkasse und hinterläßt oft ein Lebenlang Schäden.

    Bildung und Erziehung von Kindesbeinen an ist die bessere Lösung.

  • W
    Waldo

    Noch wichtiger wäre es der Jugend eine Zukunft zu bieten, der man nicht jedes Wochenende im Koma entfliehen muss.