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Diffamierung -betr.: "Zaunkönige im Abseits", taz vom 18./19.2.1995

Betr.: „Zaunkönige im Abseits“, 18/19.02.95

Lisa Schönemann nimmt die Meldungen über aufgetretene Fälle von Kinderleukämie in Neu-Allermöhe zum Anlaß, einen ganzseitigen Beitrag über den Stadtteil zu schreiben. Dabei geht es ihr nicht um Informationen, weder über die Leukämiefälle und das, was die Leute nun tun, noch über die Lebenssituation in Allermöhe allgemein. Sie schreibt ohne erkennbaren Faden munter drauf los und greift sich völlig beliebige Szenen, beschreibt sie plump und bewertend, um ihre Vorurteile zu bestätigen und begibt sich damit auf das Niveau der Bild-Zeitung.

Wer in Allermöhe wohnt, dem wurde durch das Wohnungsamt hier eine Wohnung zugewiesen oder er wurde durch die steigenden Mieten hier her abgedrängt. (...) Die möglichen Vorteile gegenüber dem Leben in der Stadt, wegen derer insbesondere Leute mit Kindern durchaus freiwillig nach Allermöhe ziehen, werden nicht gesehen. Die Verfasserin nimmt ihre persönlichen Lebensvorstellungen und Wünsche als das Maß der Dinge. Folglich muß das Leben in Allermöhe trostlos sein. (...)

Dann wird von den Zauberworten „Durchgrüntes Wohnumfeld, Ziegelbauweise und Wasserläufe“ gesprochen, als wenn dies real nicht existent wäre. „Nach 20 Minuten wird man (nicht nur Frau Schönemann?) der Backsteinfassaden mit den blauen Fensterrahmen und Türen überdrüssig, daran können auch die winzigen Gärten nichts ändern ...“ Abgesehen davon, daß die weitaus überwiegenden Fenster in Allermöhe weiß sind (20 Minuten Aufenthalt sind eben etwas wenig), würde die Verfasserin bei passender Gelegenheit bestimmt ein Loblied auf die Backsteinarchitektur der Jarrestadt schreiben, wo es auch nur kleine Gärten gibt. (...)

Zum Schluß wird doch noch einmal auf den Anlaß, die Leukämie-Fälle, Bezug genommen. (...) Die Diffamierung eines ganzen Stadtteiles und seiner BewohnerInnen wird hier noch einmal abgerundet. (...) Der eine Besuch reichte ihr wohl, die Entwicklung weiterzuverfolgen. (...). Dem entsprechend hat die taz auch nicht über die Aktivitäten der BewohnerInnen berichtet. Die kurzfristig organisierte Veranstaltung mit einem bundesweit führenden Epidemiologen, der Gesundheitsbehörde und Fachleuten aus der BI gegen Krümmel, die das Bürgerhaus am Freitag, den 24. Februar aus den Nähten platzen ließ, war Frau Schönemann bzw. der taz keine Zeile wert.

Dieter Polkowski

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