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Archiv-Artikel

Die deutsche Linke verkennt die wahre Bedeutung Chinas Mahnen allein reicht nicht

Wenn die deutsche und die chinesische Regierung – wie gestern geschehen – ein zivilgesellschaftliches Dialogforum einrichten, ist das durchaus zu begrüßen. Und es ist mehr, als die Linke bisher zuwege gebracht hat. In der deutschen Chinapolitik dominieren seit Jahren die Wirtschaftsinteressen und zuletzt zunehmend Umweltfragen. Der zivilgesellschaftliche Dialog war bisher auch dank des linken Desinteresses unterentwickelt.

Es ist natürlich ärgerlich, wenn ausgerechnet Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer das Forum leitet. Am Vorabend noch war er als Chef des Asien-Pazifik-Ausschusses der Wirtschaft Gastgeber des chinesischen Präsidenten. Weil von Pierers Konzern jetzt überdies auch noch die größten Verträge mit China abschloss, entsteht der Eindruck, Siemens bestimme die deutsche Chinapolitik, zumal in dem Konzern schon die Schnapsidee des umstrittenen Exports der Hanauer Atomanlage geboren worden war. Doch immerhin: Von Pierer und die Wirtschaft beschäftigen sich wenigstens intensiv mit China. Die Linke dagegen schläft.

Als Oppositionsparteien tendieren sie dazu, Menschenrechtsmahner zu spielen, was sie in der Regierungsverantwortung schnell vernachlässigen. Es fehlen profilierte linke Chinakenner mit Einfluss auf die deutsche Chinapolitik. Die sucht man nicht nur im neuen Dialogforum vergeblich. Sie sind bei SPD, Linkspartei, Grünen, Gewerkschaften, Attac und Co auch gar nicht zu finden.

Dabei lässt sich ohne China keines der globalen Zukunftsprobleme lösen. Das reicht von den Folgen der Globalisierung über Klimapolitik, Ressourcensicherung, internationale Sicherheit, Migrationsfragen bis hin zu den demografischen Zeitbomben. An einer Zusammenarbeit mit Chinas autoritärer Regierung, die wegen der Verstöße gegen die Menschenrechte und ihrer aggressiven Taiwanpolitik zu Recht Kritik verdient, kommt auch die Linke nicht vorbei. Die Frage ist, wie die Kooperation aussehen soll und was sie zur Änderung der Politik Pekings beitragen kann. Gut durchdachte Antworten und Persönlichkeiten, die für sie einstehen, sucht man in der Linken vergeblich. SVEN HANSEN