Die Wahlen in Montenegro läuten einen innenpolitischen wandel ein : Gegenwind kommt nicht mehr aus Serbien
Dass der Architekt der Unabhängigkeit, Milo Djukanović, die Wahlen gewinnen würde, ist eigentlich keine Überraschung. Aber dass er zusammen mit den Sozialdemokraten voraussichtlich die absolute Mehrheit erringen konnte, schon.
Die Wähler Montenegros haben bei dieser Wahl noch einmal, und klarer als bei der Volksabstimmung im Mai, für die Loslösung aus dem Staatenbund mit Serbien gestimmt. Der Zusammenbruch des proserbischen Wahlbündnisses hat wohl auch mit dem schwachen Personal zu tun. Schwerer fällt jedoch ins Gewicht, dass all jene, die sich traditionell nach den Brottöpfen richten, in dieser Opposition für sich keine Zukunft mehr sehen können.
Die wirkliche Opposition wird im Parlament durch die zwar kleine, aber aktive „Bewegung für den Wandel“ des kometenhaft aufgestiegenen Nebojša Medojević repräsentiert. Für die Unabhängigkeit eintretend, aber die Verfilzung von Staat und der Djukanović-Partei anprangernd, wird diese Opposition bald stärker werden. Das ist keinesfalls eine gewagte Prognose.
Die alten, noch aus dem Kommunismus stammenden und durch Nepotismus gefestigten Strukturen wird Djukanović nicht so schnell aufbrechen können; schließlich kann er sich nicht so schnell gegen seine wichtigsten Anhänger im Staatsapparat wenden. Dieser Staatsapparat aber muss mit dem Blick auf eine Integration in die EU und die Nato abgespeckt und modernisiert werden. Die Einflussnahme der Regierung Djukanović auf die Massenmedien kann so nicht mehr andauern. Viele unfähige Bürokraten in der Wirtschaft und willfährige Mitarbeiter der Justiz müssten daher in die Pension geschickt werden.
Jetzt kann sich Djukanović nicht mehr hinter dem Argument verstecken, der Einfluss Serbiens behindere die Entwicklung seines Landes. Immerhin kann er darauf hoffen, dass nun europäisches, vor allem italienisches Kapital ins Land fließt. Übernähme er sogar einige Forderungen der „Bewegung für den Wandel“, könnte er gar zum Hoffnungsträger werden. Doch daran gibt es noch ein paar berechtigte Zweifel. ERICH RATHFELDER