: Die Marionette sträubt sich: Pakistan will nicht unterschreiben
Ausgerechnet durch den eigenen Statthalter im Afghanistan–Konflikt haben Ronald Reagans Hoffnungen, seine Amtszeit mit einem Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan zu krönen, einen überraschenden Dämpfer erhalten. Anscheinend wurden in der Eile, mit der sich die Supermächte auf eine Lösung des Konflikts einigten, pakistanische Eigeninteressen nicht ausreichend berücksichtigt. Es begann damit, daß am 9.Februar der pakistanische Chefunterhändler Zain Noorani verkündete, das Abkommen werde nur mit einer „legitimen, auf breiter Grundlage gebildeten Regierung“ in Kabul unterzeichnet werden. Islamabad übernahm damit eine Schlüsselforderung der afghanischen Mudjaheddin. Dieser so plötzlich aufgetauchte Stolperstein überraschte offenbar selbst Washington, das eilends und in letzter Minute den Staatssektretär im Außenministerium, Michael Armacost, ausschickte, um Pakistans Präsidenten Zia ul–Haq wieder davon abzubringen. Überraschend ist Pakistans Quertreiberei, weil die Anwesenheit der zwei bis drei Millionen Flüchtlinge aus Afghanistan dort immer stärker zum Problem geworden ist. Zusammenstöße sind an der Tagesordnung. Überraschend ist diese Halsstarrigkeit gegenüber den Wünschen des Großen Bruders aber auch, weil Pakistan völlig abhängig ist von US–amerikanischer Wirtschafts– und Militärhilfe. Doch gerade die Furcht, die Milliardenhilfe bei einer Beendigung des Krieges gestrichen zu bekommen, ist möglicherwiese Zias Motiv. Er erinnert die USA daran, daß sie ihm sein Wohlverhalten in Genf abkaufen müßen. Außerdem führt man in Islamabad ins Feld, daß sich die Flüchtlinge nicht nach Afghanistan zurücktrauen, solange die Regierung Nadshibullah im Amt ist. Schließlich flohen manche von ihnen vor den Kommunisten, lange bevor die ersten sowjetischen Soldaten in Kabul einzogen. Die USA gehen dagegen offenkundig von der Einschätzung aus, daß sich die Regierung Nadschibullah nach einem sowjetischen Truppenabzug nicht lange halten wird, und teilt deshalb Islamabads Bedenken nicht. Erbittert gestand Präsident Zia nach einem Gespräch mit Michael Armacost, die Initiative Gorbatschows habe „Pakistan in die Defensive gedrängt“. Dennoch hofft das Land, aus dem Drang der Supermächte zur Einigung Kapital schlagen zu können. „Ich bin zuversichtlich, daß wir zu einer Übereinkunft und gleichzeitig zu einer Übergangsregierung bis Mitte oder Ende März kommen werden“, sahgte optimistisch der Verhandlungsleiter Islamabads in Genf, Staatsminister Zain Noorani. Sollte Nooranis Delegation doch das Abkommen in seiner jetzigen Form unterzeichnen, droht der pakistanischen Regierung der Zorn der Rebellen–Allianz. In den Grenzprovinzen, die die Regierung ohnehin kaum unter Kontrolle hat, halten sich ständig Tausende von Mudjaheddin auf. Sie sind häufig besser bewaffnet als die dort stationierten pakistanischen Soldaten und unterhalten bisweilen enge Kontakte zu den auf ihre Unabhängikeit von Islamabad bedachten Grenzvölkern in Pakistan. Die Aussicht auf mögliche Konflikte dort muß Zia, der mit der Opposition genug Probleme hat, arge Kopfschmerzen bereiten. Christian Fürst (dpa)
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