Die EU tut gut daran, die Emissionen von Schiffen zu regulieren : Die Stinker der Weltmeere
Ansätze, die Abgase aus Schiffsmotoren sauberer zu machen, gab es genug. Bisher sind sie alle gescheitert. Vor allem an Ländern wie China, Indien und Saudi-Arabien. Ihr Argument: Wie das Kioto-Abkommen nur Emissionen von Ländern der industrialisierten Welt umfasse, dürften auch Abgasregulierungen für Schiffe unter ihrer Flagge nicht gelten. Wenn dieser Ansatz Schule macht, dann reicht in Zukunft, die Schiffe in Schmutzländer auszuflaggen, damit der Reeder weiterhin schwefelverseuchte billige Dieselbrühe tanken kann. Jede Regelung wäre so von vornherein hinfällig. Ein weltumspannender Konsens ist nicht in Sicht.
Deshalb hat sich die EU auf die eigenen Gewässer besonnen. Sie will hier Richtwerte für Schiffsabgase erlassen. Das ist im Prinzip richtig: 90.000 zivile und 20.000 Kriegsschiffe mit mehr als 100 Bruttoregistertonnen durchpflügen die Weltmeere. Ihr Treibstoffverbrauch wird auf jährlich 300 Millionen Tonnen, ihre gesammelte Motorkraft auf 500.000 Megawatt geschätzt. Vor fünf Jahren ließ die EU-Kommission ausrechnen, dass davon 20.000 Megawatt durch Schiffsmotoren in EU-Gewässern erzeugt werden. Neuere Schätzungen halten das Doppelte für wahrscheinlich. Man muss sich das vorstellen: In den europäischen Gewässern tuckern Tag und Nacht umgerechnet 800 Schwerölkraftwerke mit je 50 Megawatt Leistung – ohne jede Abgasreinigung.
Das EU-Parlament will den zulässigen Schwefelgehalt im Schiffstreibstoff auf 0,5 Prozent beschränken. Er wäre noch hundertfach „schmutziger“ als Lkw-Diesel. Aber die Regel würde auf einen Schlag 80 Prozent der Schwefelemissionen verschwinden lassen. Der bisher erreichte gemeinsame Nenner in Rat und Kommission würde dagegen eine Steigerung des jetzigen Ausstoßes um 50 Prozent bis 2020 bedeuten. Er wäre besser, als alles zu lassen, wie es ist. Reicht aber nicht. Jahrzehntelange Arbeit war nötig, die Schwefelemissionen an Land einigermaßen in den Griff zu bekommen. In den Maschinenräumen der Schiffe hat sich bislang noch gar nichts getan. Halbe Schritte führen nicht weit genug. REINHARD WOLFF