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■ Die Anderen"Die Presse" aus Wien kommentiert die kritische Reaktion auf Clintons Besuch in Brasilien / Die dänische Tageszeitung "Berlingske Tidende" kommentiert die Rede von Helmut Kohl beim CDU-Parteitag / Zum CDU-Parteiag "Le Monde"

„Die Presse“ aus Wien kommentiert die kritische Reaktion auf Clintons Besuch in Brasilien: Das ist dem US-Präsidenten bei Staatsbesuchen noch nicht oft passiert: Buhrufe bei der Ankunft, ein Staatsempfang, zu dem von 800 geladenen Gästen gerade 300 kamen, und ein Staatschef, der dem Gast unverblümt empfiehlt, die neue Weltordnung nicht in typisch amerikanischer Manier zu diktieren – zumindest nicht hier in Brasilien. Südamerika ist momentan kein guter Boden für Bill Clinton. Und die Amerikaner müssen sich schon den Vorwurf gefallen lassen, durch ihre manchmal besonders instinktlose Außenpolitik selbst schuld daran zu sein. Jetzt ist Clinton plötzlich da mit großem Gefolge, propagiert blumig die gesamtamerikanische Freihandelszone (weil der wachsende lateinamerikanische Konsumentenmarkt für US-Firmen interessant zu werden beginnt) – und holt sich kalte Füße. Amerikanisch wäre auch, wenn er sich darüber wunderte.

Die dänische Tageszeitung „Berlingske Tidende“ kommentiert die Rede von Helmut Kohl beim CDU- Parteitag: Kanzler Kohl hat alles bereut, was er einmal über einen baldigen Rücktritt im Kopf gehabt haben könnte. Auf dem Kongreß seiner Partei entfaltete sich der 67jährige Kanzler mit wohlüberlegten und beißenden Angriffen auf die Opposition und wischte alle Ansätze interner Opposition hinweg, indem er sich für einen erneuten Wahlkampf und noch mal vier Jahre auf dem Kanzlerposten zur Stelle meldete. Das wurde mit einem Beifall quittiert, der jeden Zweifel an Kohls souveräner Position in der eigenen Partei beseitigte. Die Kürung Kohls bewies, daß niemand ihm seinen Rang streitig machen wird, solange er selbst weitermachen will. Kohls größte Stärke ist die Führungsschwäche seiner sozialdemokratischen Widersacher. Dort fehlt ein Neudenker wie Tony Blair. Die größte Bedrohung für die Fortsetzung von Kohls Kanzlerkarriere sind die hohe Arbeitslosigkeit, die EU-Skepsis unter den Wählern und vor allem die wählermäßige Schwindsucht, die dem liberalen Koalitionspartner FDP Saft und Kraft raubt.

Zum CDU-Parteitag schreibt „Le Monde“ aus Paris: Um den Trend umzukehren, setzt Helmut Kohl auf mehrere Faktoren: eine Ankurbelung der Konjunktur, bei der sich wie vor vier Jahren ein Aufschwung abzeichnet, und den Wahlkampf, bei dem er seinem sozialdemokratischen Gegner, wer es auch ist, nichts schenken wird. Das vorherrschende Thema dieses Duells ist klar. Es wird nicht so sehr der Euro sein, da zum Zeitpunkt der Wahl am 27. September 1998 die Entscheidung gefallen ist, sondern es wird die Konsequenz des Euro. Die Deutschen, die in ihrer Mehrheit die Aufgabe der Deutschen Mark ablehnen, müssen beruhigt werden. Wer ist am geeignetsten, dies zu erreichen? Davon hängt der Wahlausgang ab.

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