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■ Die Anderen„Bild“, „Westdeutsche Zeitung“, „Stuttgarter Zeitung“, „FAZ“ zu Berti Vogts

Die „Bild“-Zeitung lobt, daß Berti Vogts vorgestern endlich tat, was das Blatt schon so oft von ihm gefordert hatte: Berti Vogts hat als Bundestrainer bei 102 Länderspielen auf der Bank gesessen. Er hat 67mal gesiegt, nur 12mal verloren. Obwohl er Europameister wurde, blieb dem ausgewiesenen Fußballexperten dennoch die Anerkennung immer versagt. Gestern hat er für sich einen großen Sieg errungen. Entschlossen und mutig ist er zurückgetreten. Weil er einer guten Entwicklung nicht im Wege stehen wollte. Die Nationalelf steckt in einer Sackgasse. Daran hat Berti Vogts nicht allein die Schuld. Jetzt sind die Nationalspieler gefordert, die ihn in den letzten Wochen im Stich gelassen haben und für die er als Sündenbock hinhalten mußte. Der „Sündenbock“ ist weg. Sie können sich hinter ihm nicht mehr verstecken.

Die „Westdeutsche Zeitung“ hat erkannt, daß erfolglose Trainer nicht zwingend schlechte Menschen sind: Berti Vogts hat den genialsten Paß seiner langen Karriere gespielt, es war ein Befreiungsschlag – und fast das gesamte Fußballvolk atmet auf. Die Nationalmannschaft ist eine Herzenssache der gesamten Nation, doch die war bei Berti nicht mehr in den richtigen Händen. Und dennoch: Nur weil er im Job letztlich versagte, ist Vogts noch kein schlechter Mensch. Er hat immerhin mit seinen begrenzten Möglichkeiten alles versucht und beim EM-Gewinn sogar Erfolg gehabt. Egal, wie sein Nachfolger heißen mag, jeder wird erfahren, daß Vogts nur ein Problem des deutschen Fußballs war. Alle anderen gehen auf Systemversäumnisse im gesamten Gefüge.

Die „Stuttgarter Zeitung“ hält den deutschen Fußball, nicht Vogts für das Problem: Wir kennen das Spielchen aus der Bundesliga. Wenn gar nichts mehr geht, muß eben der Trainer gehen. Berti Vogts ist gegangen – und jetzt? Wir fürchten mal, wir werden rückwirkend mit den alten Spielern nicht zum Weltmeister erklärt, und die Hoffnung ist auch nicht groß, daß die neuen Spieler plötzlich ihre technischen Raffinessen auspacken werden. Denn seien wir ehrlich: Der deutsche Fußball ist nicht wegen Berti Vogts gescheitert, Vogts ist am deutschen Fußball gescheitert.

Die „FAZ“ schlägt einen gewohnt staatsmännischen Ton an: Als er alles neu machen wollte, war er längst nicht mehr der alte. Berti Vogts tat vor der Malta- Reise noch einmal so, als sei er der Bundestrainer. Tatsächlich war er es schon nicht mehr. Vogts' Autorität und Glaubwürdigkeit hatten sich während der WM verschlissen, wo sich der Trainer beim Ausscheiden gegen Kroatien als schlechter Verlierer erwiesen hatte. Das nahmen ihm nicht nur Fußballfreunde übel, sondern auch viele, die von einem Bundestrainer mehr Souveränität erwarten.

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