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■ Die AnderenDie deutsche Provinzpresse beschäftigt sich ausführlich mit dem Holocaust-Gedenktag: Die "Hessische/Niedersächsische Allgemeine" , die "Fuldaer Zeitung", die "Mittelbayerische Zeitung" und die "Rhein-Zeitung" aus Koblenz

Die deutsche Provinzpresse beschäftigt sich ausführlich mit dem Holocaust-Gedenktag. Die „Hessische/ Niedersächsische Allgemeine“ aus Kassel meint: Schon heute steht fest, daß Roman Herzog mit der Proklamation des 27. Januar zum Gedenktag für die Opfer des Holocaust eine historische Leistung vollbracht hat. Die vielfältigen Veranstaltungen, in denen gestern an die Befreiung des KZ Auschwitz gedacht wurde, waren Zeugnis einer in unserer Gesellschaft wachen Erinnerung. Wenn wir die Pflicht zur Erinnerung nicht als Last, sondern als Chance begreifen, können wir auch selbstbewußter damit umgehen. Dann wissen wir auch, daß mit dem Holocaust-Mahnmal die Erinnerungsarbeit nicht beendet sein kann.

Die „Fuldaer Zeitung“ appelliert an die Jugend: In seiner bemerkenswerten Rede zum Holocaust-Gedenktag hat Herzog darauf hingewiesen, daß wir „in einer Zeit des Generationswechsels, in einer Zeit des Übergangs von der Erinnerung an Erlebtes zur Erinnerung an Mitgeteiltes“ leben. Mit diesem Übergang läßt sich auch am ehesten der erhöhte Diskussionsbedarf zu diesem Thema in den letzten Jahren erklären. Besonders in der Walser-Bubis-Debatte ging es schlußendlich um die Frage, welche Form die Erinnerung ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende annehmen soll. Es ist eine Aufgabe der jüngeren Generationen, diese Debatte fortzuführen, damit die Erinnerung erhalten bleibt.

Die „Mittelbayerische Zeitung“ verteidigt nochmals Walser: Soviel ist sicher: Die Reden des gestrigen Holocaust-Gedenktages werden keine größeren Kontroversen auslösen. Wo soviel Richtiges gesagt wird, verbietet sich eigentlich jeder Kommentar. Und trotzdem drängt sich die Frage auf, warum dieses „Richtige“ einmal feierliche Zustimmung, ein andermal aber heftige Diskussionen hervorruft. Denn inhaltlich hat Martin Walser ja durchaus ähnliches gesagt wie Herzog, Schröder, Thierse. Er hat es nur anders gesagt, weil nicht der staatstragende Konsens, sondern die Offenlegung von Widersprüchen sein Thema war. Daß das notwendige Hinsehen gegen Anwandlungen des Wegschauens manchmal erkämpft werden muß – dieses Eingeständnis ist ehrlicher und gleichzeitig „moralischer“ als ein noch so gut gemeinter Appell.

Die „Rhein-Zeitung“ aus Koblenz hofft auf eine unverkrampfte Wendung zum Guten: Es ist höchste Zeit, die inzwischen schon peinliche und daher auch schädliche Debatte zum Holocaust-Mahnmal zu beenden. Man kann nämlich ein gutes und viel Behutsamkeit verlangendes Anliegen auch totdiskutieren. Das aber wäre nicht zuletzt ein Zeichen von Unreife – so wie das Leugnen und Ausblenden von mahnender Wirklichkeit den Zugang zur Nachdenklichkeit versperrt. Erinnern schafft Erkenntnis und befreit zum unverkrampften Öffnen für das Gute.

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