Der Wochenendkrimi : Endlich Frührente
„Tatort: Racheengel“, So., 20.15 Uhr, ARD
Seine Dienstmarke hat er irgendwo verloren, der Vorgesetzte mobbt ihn, und den Rotwein trinkt er diesmal gleich aus der Flasche. Einen sehr unschönen Abgang hat sich Schauspieler Jochen Senf, der hier mal wieder als Hauptdarsteller und Drehbuchautor in Personalunion agiert, mit „Racheengel“ für seinen Kommissar Max Palu zusammengeschrieben. Vom sozial engagierten Genussmenschen zum depressiven Frühpensionär dauert es oft eben nur eine Folge.
Vor einem Jahr, nach der zuletzt gezeigten Folge, rumorte es, dass man den dienstältesten „Tatort“-Ermittler bald in die Rente schicken wolle. Wenig später erhielt Senf tatsächlich am Telefon seine Kündigung, seitdem wettert er gegen die Programmdirektion des SR. Verständlich, dass dieser Abschied keine Nostalgie heraufbeschwört. In „Racheengel“ geht es um den Mord an einer krebskranken Industriellengattin, deren gesamte Bagage die Hände im Spiel gehabt haben könnte.
Das Ergebnis ist ein großbürgerliches Trauerspiel, für das Freud, Fassbinder und Edgar Wallace zusammengerührt werden. Regisseur Robert Sigl („Geisterjäger John Sinclair“) kippt die Kamera dafür beständig in abstruse Schräglagen und lässt die Verzweifelten durch noch abstrusere Schatten wanken. Öffentlich-rechtlicher Fernsehwahnsinn in seiner schaurigsten Form. CHRISTIAN BUSS