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Archiv-Artikel

Der „Soli der Lüfte“ ist zu niedrig Kommentar von HANNES KOCH

Es ist ein Anfang, aber mehr auch nicht. Mit ihrem Beschluss vom Wochenende haben sich die Finanzminister der Europäischen Union auf neues Terrain vorgewagt. Sie wollen eine Abgabe auf Flugtickets erheben, um mit den Einnahmen weltweite Entwicklung zu finanzieren – praktizierte Solidarität des reichen Nordens mit dem armen Süden. Außerdem beginnt damit auch international die Belastung des Umweltverbrauchs. Allerdings dürften die zu erwartenden Summen kaum ausreichen, um die Armut in Afrika, Südasien und Lateinamerika spürbar zu lindern.

 Das liegt daran, dass die 25 EU-Finanzminister sich bislang nur auf einen minimalen „Soli der Lüfte“ geeinigt haben. Und es besteht die Gefahr, dass die Mehrheit der EU-Mitglieder einen Pflichtzuschlag blockiert, sodass die Abgabe in vielen Staaten nur freiwillig erhoben würde. Vor allem Sonnenstaaten wie Spanien und Griechenland erheben Einwände. Sie befürchten, die Zahl der Touristen könnte abnehmen, wenn die Reise zu teuer würde.

 Tourismus oder Entwicklungsfinanzierung – dieser Gegensatz existiert jedoch nicht. Denn es wird ohnehin immer mehr geflogen. Durch die Konkurrenz gerade der Billigfluggesellschaften werden die Kosten des Luftverkehrs gedrückt. Die Ticketpreise sinken permanent, was zusätzliche Passagiere anlockt. Die Frage ist nicht, ob künftig mehr Menschen als heute nach Mallorca oder Rhodos fliegen, sondern ob sie es für 150 oder 170 Euro tun.

 Die ökologische Steuerungswirkung derartiger Preisunterschiede ist begrenzt, die positive Wirkung für die soziale Entwicklung auf der Welt dagegen kaum zu unterschätzen. Ein Impfprogramm, das die Kindersterblichkeit in Afrika erheblich reduzieren würde, kostet nach Berechnungen der EU vier Milliarden Euro. Eine Abgabe von 10 Euro pro Flugticket würde rund sechs Milliarden erbringen.

 Die jetzt angepeilte, teils freiwillige Abgabe von 2 Euro ist dafür zu wenig, und die Chancen, dass aus dem Anfang mehr wird, stehen zurzeit schlecht. Zwar will sich die Bundesregierung mit einer generösen Geste den ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat erkaufen. Doch Spanien und Griechenland treibt derartiger Ehrgeiz nicht. Und das Geld, um diese Länder umzustimmen, wollen Kanzler Schröder und Finanzminister Eichel nicht ausgeben. HANNES KOCH

wirtschaft und umwelt SEITE 9