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Demjanjuk nennt Zeugen „Lügner“ / Schlußplädoyers unterbrochen

Jerusalem (ap) - Der Angeklagte John Demjanjuk ergriff am Mittwoch im Jerusalemer Prozeß gegen ihn ein Mikrophon und rief dem Zeugen Eliyahu Rosenberg auf hebräisch zu: „Sie sind ein Lügner, Lügner, Lügner.“ Dieser Ausbruch erfolgte, nachdem Rosenberg, ein Überlebender des Vernichtungslagers Treblinka, den Beschuldigten erneut als Beteiligten am Massenmord der Nationalsozialisten bezeichnet hatte. Der schon elf Monate dauernde Prozeß gegen den 67jährigen gebürtigen Ukrainer Demjanjuk, der jede Schuld bestreitet, befindet sich jetzt im Endstadium. Die Schlußplädoyers wurden aber unterbrochen, und das Gericht trat auf Antrag der Verteidigung erneut in die Beweisaufnahme ein. Dabei hielten die Verteidiger dem schon früher als Zeugen aufgetretenen Rosenberg ein altes Schriftstück vor: danach hatte er gegen Ende des Zweiten Weltkrieges erklärt, der von den Häftlingen im Lager Treblinka besonders gefürchtete Wachmann „Iwan der Schreckliche“ sei 1943 bei einem Häftlingsaufstand erschlagen worden. In dem Prozeß geht es um den Nachweis, daß es sich bei diesem Mann um Demjanjuk handelte. Auf die Frage des Verteidigers, wie der Zeuge angesichts dieser früheren Erklärung bei seiner Aussage bleiben könne, erläuterte Rosenberg, seine damalige Angabe habe sich auf Äußerungen von Mithäftlingen gestützt, die offenbar nicht richtig gewesen seien. Der Zeuge sah zur Anklagebank und sagte: „Wenn Iwan tot wäre, würde er mir nicht grinsend gegenübersitzen. Ich kenne ihn als Iwan, nicht als Demjanjuk.“

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