piwik no script img

Archiv-Artikel

Debatte: Grüne Optionen Jung gegen alt – der Generationenkonflikt in der Politik

Die grüne Landtagsfraktion muss jünger werden – und damit unkonventioneller und entspannter, meint Börje Wichert

Lange meinten die Grünen, sie seien ihre eigene Jugendorganisation. Das war vorbei, als es Einbrüche bei den Jungwählern gab und Joschka Fischer aussprach, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist: „Mit 50 ist man eben nicht mehr 15“.

Tatsächlich hat, wer vor 25 Jahren die ersten grünen Kreisverbände aufgebaut hat, andere Erfahrungen gemacht als derjenige, der gerade 25 Jahre alt geworden ist. Deshalb ist unschwer zu verstehen, dass die Grünen erfreut über die ersten Initiativen zur Gründung einer Jugendorganisation waren. Kritiker fragen natürlich zu Recht, ob das nur Dankbarkeit für WahlkampfhelferInnen und ein jüngeres Marketing war und ist, oder ob neue Impulse gewollt waren. Der beste Gradmesser dafür ist der tatsächliche Einfluss auf und in die Partei. Mittlerweile hat sich einiges getan. Es gibt die Grüne Jugend seit fast fünf Jahren auch in NRW. Nun stellt sich die Frage: Ist grüne Politik jünger geworden?

Ein klares Ja, was die Mitgliedschaft angeht. Bündnis 90/Die Grünen sind in NRW die einzige Partei, die Mitglieder gewinnt. 800 seit 2002 – und die sind fast alle unter 30. Das allein ist ein klarer Beweis für eine Verjüngung, aber nur Indiz für mehr Einfluss der Jungen.

Eindeutig an Einfluss gewonnen haben die Unter-Dreißig-Jährigen aber durch die gebündelte Artikulation von Generationsinteressen. Die Anerkennung als Lobby der Jugend in der Partei hat geholfen, viele vernachlässigte Teile des grünen Portfolios aus ihrer Randlage zu befreien. Nachhaltige Finanzpolitik, Anerkennung von Bildung als wichtigstem Rohstoff, eine realistische Drogenpolitik oder die Abschaffung der Wehrpflicht könnten grüne Politiker ohne den Rückhalt der Jungen in der Partei weniger intensiv betreiben.

Die beste Lobby für junge Themen ist und bleibt aber die personelle Vertretung in Vorständen und Fraktionen. Es geht eben nicht um Pop-Beauftrage, sondern um Zugang zu den Entscheidungsgremien der Partei. Die deutliche Verjüngung des Landesvorstands der Grünen ist ein großer Gewinn. Der Umgang miteinander ist ergebnisorientierter. Weniger Strömungsdenken bringt mehr Zeit für inhaltliche Arbeit. Proporz spielt keine übergeordnete Rolle mehr. Die entkrampfte Vermittlung grüner Positionen kommt gerade bei jungen Leuten an, was Umfragen und Wahlergebnisse belegen.

Auch auf kommunaler Ebene bringt eine Frischzellenkur neuen Schwung. Junge Leute werden meist mit offenen Armen empfangen. Wer sich zu grünen Grundsätzen bekennt, muss eine Chance haben, für Grüne im Rat oder Kreistag Politik zu machen. Diesen offenen Ansatz werden auch die jungen Wählerinnen und Wähler bei der Kommunalwahl im September belohnen.

Um gleich bei den Wahlen zu bleiben. Die nächste grüne Landtagsfraktion muss jünger werden. Eine angemessene Vertretung junggrüner Vorstellungen ist im Interesse aller. Generationengerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit kann niemand besser herstellen als die, die das meiste an Zukunft noch vor sich haben. Bei der Vertretung in Vorständen und Fraktionen ist die Grüne Jugend also auf gutem Kurs. Sie wird hier erfolgreich bleiben, wenn sie auch bei Gegenwind ihre Ansprüche anmeldet und durchsetzt. Die Grüne Jugend ist was sie ist, weil sie nicht den Sandkasten der Partei gibt, sondern mit den 15 und 25-Jährigen genauso ernsthaft Politik betreibt, wie dies die 50- Jährigen tun. Häufig aber auf unkonventionellerem, entspannterem Weg.

BÖRJE WICHERT