■ Das Portrait: Edouard Balladur
Korrekter als er – das gibt es kaum. Der Mann im maßgeschneiderten englischen Anzug hat sich immer im Griff. Er spricht ruhig und monoton, wütet nie gegen den politischen Gegner, siezt seine Frau, wirkt ein wenig trübsinnig und gelangweilt. Dabei verbirgt seine äußere Erscheinung Autorität und Durchsetzungsvermögen.
Edouard Balladur hatte das Amt des Premierministers hartnäckig anvisiert: Er reiste ins Ausland und in die Provinz, er nahm Kontakt zu allen konservativen Parteien auf. Zugleich stand er immer treu zu RPR-Chef Jacques Chirac und hielt sich mit Kritik an Präsident Mitterrand auffallend zurück.
Balladur verspricht nichts. „Unser Land ist in der Rezession, die Arbeitslosigkeit wird noch zunehmen, und wir haben keinen Zauberstock, um das zu ändern. Die Franzosen müssen wissen, daß wir nicht alles auf einmal lösen können“, mahnte er im Wahlkampf. Diesen Pessimisten haben sich viele Franzohier Foto Nr. 3
Foto: Reuter
sen als Premierminister gewünscht. Nachdem die Sozialisten das Paradies versprochen haben, erscheint Balladur ihnen wohltuend nüchtern und realistisch.
Balladur stammt aus einer reichen armenischen Handelsfamilie und wurde vor fast 64 Jahren in Smyrna (dem heutigen Izmir) geboren. Nach Atatürks Revolution zog die Familie nach Marseille. In den siebziger Jahren wurde er zum engsten Mitarbeiter von Präsident Pompidou. Er war der erste Gaullist, der sich für eine cohabitation zwischen rechter Regierung und sozialistischem Präsidenten aussprach. Als diese 1986 verwirklicht wurde, übernahm er das Wirtschaftsministerium. Damals bestand er darauf, daß die pompösen Räume des Louvre, die bereits für die Erweiterung des Museums geräumt worden waren, zu ungeheuren Kosten für ihn wiederhergerichtet wurden. Wegen seiner aristokratischen Manieren wurde er spöttisch „der große Kammerherr“ genannt.
Der zweite Mann der Regierung verfolgte eine ultraliberale Politik, er privatisierte und hob die Steuer auf große Vermögen auf. Von diesem Programm ist er inzwischen abgerückt. Als Premierminister, so prophezeien Parteifreunde, werde Balladur mit harter Hand regieren. Er selbst hat sich ein hohes Ziel gesetzt: „Innerhalb von drei Monaten müssen die Franzosen erkennen, daß sie recht hatten, uns zu unterstützen.“ Bettina Kaps
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