: Das Huhn mobil im Einsatz
■ Ausgerechnet zum Welt-Scherz-Tag startet das Bremerhavener Gartenbauamt eine neue Kampagne gegen den Unkrautsamen: die Hühnercombo kommt.
Weltverbesserer landen nicht nur in großen Städten. Jürgen Milchert ist dafür ein Beispiel. Der Leiter des Gartenbauamtes in Bremerhaven ist bekannt für kuriose Ideen: Weil reguläre Parkbänke Liebespärchen-feindlich sind (garantiert setzt sich jemand zu den Turteltäubchen auf die viel zu lange Bank), sollen Bremerhavens Grünanlagen neue Sitzmöbel bekommen. Weil seit dem Verbot der chemischen Keule außerdem das Unkraut in der Seestadt nur so wuchert, verordnete Milchert die Zeitungspapier-Mulche bereits amtlich. Und neuerdings will der findige Doktor unerwünschten Wildkräutern gezielt zuleibe rücken – mit einer simplen aber effektiven Methode: Mit dem mobilen Hühner-Einsatzkommando. Das soll ab 1. April zum Einsatz kommen.
„Zehn Hühner und jeweils ein schön gefärbter Hahn bilden eine Einheit.“ Sämtliche Pläne stehen schon. „Zum Vegetationsbeginn“ pünktlich zum 1. April soll's losgehen. Genauer, beim ersten Hahnenschrei – und das „ist bei der Behörde um sieben Uhr morgens.“ Dann sollen sechs neu angeworbene ABM-Leute ausrücken, um die Hühner-Combos im „Verkehrsgrün“ zu plazieren – an Gartenbauers schaurigstem Arbeitsplatz. Hinter einem hübschen Zäunchen a la Amsterdamer Vondelpark soll das Gefieder dort künftig scharren und Unkrautsamen picken. Mitten auf lauten Verkehrsinseln oder schmalen Grünstreifen. Noch haben Tierschützer keine Einwände erhoben – „aber noch kennt ja auch kaum jemand unsere Pläne“, sagt Milchert. Allerdings hält er gegen tierschützerischen Übereifer sofort ein Argument parat: „Die Hühner haben es zwischen den dornigen Büschen allemal besser als unsere Mitarbeiter.“ Es gehöre schließlich zur Natur des Huhns, in Deckung, sprich: im Unterholz zu scharren, „schon wegen der Habichte.“ Und sei es nicht ungerecht, den MitarbeiterInnen Autolärm und Abgase zuzumuten, den Hühnern aber nicht?
Aber um Philosophie geht es dem innovativen Kopf im Gartenbauamt weniger. Milchert will seinen Beitrag zur Ökologie leisten. Dafür stehen die Hühner, „die heimische braune Sorte vom Ökohof“. Die ist zwar nicht so dekorativ – aber sie leistet einen Beitrag zu Milcherts wirtschaftlicher Behördenarbeit. Die dicken Eier bringen nämlich Geld.
Zunächst 5 Hühnertrüppchen a zehn Hühnchen ergäben nach Milcherts amtlicher Berechnung wöchentlich 300 Eier – und also 150 Mark Einnahmen. Dazu kommt ein echter Osterspaß: Alle Eier, die die zweibeinige Unkrautmafia zwischen dem 1. April und Ostern legt, sollen für Kinder im Bürgerpark versteckt werden. Natürlich mit Milchert: „Ich bin doch hier der Oberosterhase.“
Dessen grünes Reich ist in den letzten zehn Jahren gewachsen: um ein Fünftel der Fläche – bei sinkendem Personalstand. Die Belegschaft schrumpfte im gleichen Zeitraum um ein Viertel. „Das machen auch Maschinen nicht wett“, sagt der Amtsleiter. Schon deshalb müsse man mit neuen Ideen an die Öffentlichkeit gehen – und in einem Jahr vielleicht auch auf die Bundesgartenschau nach Gelsenkirchen. „Wer weiß.“ Möglicherweise kreuzt Milchert dann sogar mit bunteren Hühnerrassen auf – dem afrikanischen Perlhuhn etwa. Obwohl dessen Eiervermarktung noch nicht geklärt ist.
Daß exotische Rassen allerdings für Bremerhavens Parks geeignet wären, bezweifelt Milchert schon wegen der Hunde und Diebe, die den Hühnern zu schaffen machen könnten. „Solchen Gefahren würde sich der wehrhafte braune Hahn wohl am effektivsten entgegenstellen.“ ede
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