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Archiv-Artikel

DVDESK Ins Enge, ins Tiefe, ins Feuchte

„Universal Soldier: Day of Reckoning“ (USA 2012; Regie: John Hyams)

Am Anfang war 1992 ein Emmerich-Film. Der setzte Luc Devereaux und Andrew Scott in die Welt; zwei Soldaten, die nach ihrem Tod in Vietnam im Rahmen eines geheimen Regierungsprogramms zu aufgetauten Nachlebenden wurden, programmiert zu reinen Killermaschinen. Was dann anders lief, als von der Regierung gedacht. Dargestellt wurden die beiden von Heroen der besonderen Art: Jean-Claude Van Damme und Dolph Lundgren. Beide hatten als Muscles from Brussels und Stockholm in Hollywood Karriere gemacht, der eine von Bond aus, der andere von Karate Tiger bis John Woo.

Mit beider Karriere ging es, wie für Actionstars üblich, nach und nach abwärts. Jedenfalls in einer konventioneller Betrachtung. Von gelegentlichen Seniorentreffen auf Einladung Sylvester Stallones abgesehen („Expendables“), spielt sich das meiste, was die beiden so treiben, heute im Direct-to-Video bzw. im Direct-to-DVD-Bereich ab, der vom normalen Kinopublikum wie erst recht von der normalen Filmkritik wenig beachtet wird. Van Damme hat es zwischendurch, mit einigem Festivalerfolg, mit Metakino versucht und spielte in „JCVD“ des französisch-tunesischen Regisseurs Mabrouk El Mechri eine völlig runtergekommene Version seiner selbst. Lundgren reüssiert seit einigen Jahren als Regisseur von kantig inszenierten Actionmachwerken, die das Licht des Kinos nie sehen, von Kennern teils aber durchaus geschätzt werden.

Nicht totzukriegen scheinen Lundgren und Van Damme aber als Universal Soldiers. Zwei Fortsetzungen des Emmerich-Originals, die als Fernsehproduktionen liefen, gingen ohne die beiden völlig unter. Auch das offizielle Kinosequel von 1999 floppte. Und doch ging es 2009 noch einmal weiter. Die Regie übernahm John Hyams, der Sohn des exzellenten Genrefilmregisseurs Peter Hyams, offenkundig ein Mann mit Talent und mit Ambition.

In der aktuellen Fortsetzung „Universal Soldier: Day of Reckoning“ beweist Hyams, was im Grenzbereich zwischen Kino- und Videomarkt geht – da also, wo die Budgets sehr begrenzt und die ausgeleiertsten Klischees mitten unter uns sind.

Van Damme und Lundgren sind hier als aus dem Ruder gelaufene UniSol-Killermaschinen in (eindrucksvolle) Nebenrollen gedrängt. Lundgren agiert als Sektenführer von Outlaw-Soldiers, während der kahlgeschorene Van Damme etwas handfest Jenseitiges hat. In den Martial-Arts-Szenen schlagen sich beide, von Hyams gut choreografiert, nach wie vor prächtig.

Der eigentliche Held des Films aber ist ein Mann namens John, vom Briten Scott Adkins gespielt, der übrigens auch in Kathryn Bigelows „Zero Dark Thirty“ eine kleine Rolle im Bin-Laden-Killerkommando hat. John muss erleben, wie maskierte Männer seine Frau und Tochter erst quälen, dann töten. Der Zuschauer jedenfalls erlebt (und erleidet) es. Könnte sein, dass es für John nur eingepflanzte Fehlerinnerungen sind.

Die Reise Johns zu sich selbst wird, so oder so, zu einem Trip. Es geht ins Dunkle, ins Innere, ins Enge, ins Tiefe, ins Feuchte, den Fluss hinab (wummernd), den Schacht hinab, die Erinnerungen hinab, die Realität löst sich, regelmäßig stroboskopiert, in eine Reihe von Möglichkeiten nach und nach auf. Dass das mit viel Blut, Schießerei, abgehackten Fingern und Füßen geschieht, das versteht sich in dem Genre von selbst. Die Subjektive ist für Hyams mehrfach das Mittel der Wahl. Egoshooter könnte man sagen, wobei dieses Ego hier zwar tritt und schießt, aber den Überblick übers eigene Ich zusehends verliert. Kommerziell ist das US-Actionkino gerade schwer in der Krise. Dass es alles andere als tot ist, beweisen in „Universal Soldier: Day of Reckoning“ ausgerechnet zwei nicht mehr taufrische Soldaten.

EKKEHARD KNÖRER

■ Es gibt zwei Fassungen von „Universal Soldier: Days of Reckoning“: die Uncut-Version und die FSK-18-Version. Beide für ca. 15 Euro im Handel