DIE WERBEPAUSE : Sei kein Mann
Ein Taxifahrer wendet sich angeekelt von einer winkenden Frau am Straßenrand ab. Die wirft einen prüfenden Blick unter ihre Achseln, stößt einen Seufzer aus – „I shaved yesterday“– und schon steht statt der Frau ein verzweifelt aussehender Mann am Straßenrand, ohne Taxi, haarig, in einem schlecht sitzenden grünen Kleid. Wie gut also, dass es Veet gibt. Ohne die Wachsstreifenfirma gäbe es innerhalb kürzester Zeit nur noch Männer auf diesem Planeten, suggerieren ihre neuen, in den USA lancierten Werbeclips. So droht frau nur in Abständen von drei, vier, fünf Wochen die plötzliche Mannisierung. „Don’t risk dudeness“, droht dann noch eine Stimme aus dem Off: „feel womanly around the clock!“
Ein Backlash deluxe, ein Bonbon der Beklopptheit, und vermutlich auch eine Antwort auf die von der New York Times jüngst ausgerufene „Rückkehr zur Intimbehaarung“, die sie bei Promis wie Madonna, Lady Gaga und Cameron Diaz beobachtet. Da hat die Firma Veet wohl Angst um den Wachsabsatz bekommen und bedient als Reaktion Klischees, die so sehr langweilen, dass der Kopf auf die Tischplatte fallen möchte.
„Langweilig und nervig“, schrieben auch einige LeserInnen zu der Schamhaardiskussion in der letzten Ausgabe der sonntaz. Nur leider: Der Kampf um die Haare ist offensichtlich noch nicht beendet, vermutlich so lange nicht, wie der Kampf um Definitionen von Weiblichkeit und Männlichkeit und damit um Macht anhalten.
Und auch so lange nicht, bis die Werbestrategen von Veet eingesehen haben, dass dieses vermeintlich „genuin weibliche Gefühl“ Humbug und Natur im Übrigen immer noch das ist, was du draus machst. So muss die Schamhaardiskussion wohl noch eine lange Weile weitergehen. Und die Worte „lange Weile“ und „Langeweile“ ähneln sich nun eben sehr. JUP