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Archiv-Artikel

DIE STIMMEN DER ANDEREN

■ L’Alsace (Frankreich)

Euro vor dem Auseinanderbrechen

Das Siegesgeschrei vom letzten EU-Gipfel hat nicht länger nachgehallt als üblich. Die Eurozone ist wieder in starken Turbulenzen und diese erreichen nun auch Länder, die sich bisher verschont wähnten. Deutschland, Luxemburg und die Niederlande kennen nun ihrerseits den Moody’s Blues: Die Ratingagentur hat ihr dreifaches AAA unter Aufsicht gestellt. Moody’s bezweifelt, dass diese drei Länder auf lange Zeit fähig sind, die Lasten Griechenlands, Irlands und Portugals zu tragen. Und, was noch schlimmer ist, das Gewicht der spanischen Wirtschaft, die zu implodieren droht. Der Euro beginnt auseinanderzubrechen. Eine gute Hälfte der Länder in der Eurozone verträgt dieses Geld nicht mehr, das aus dem gleichen Schwermetall besteht, wie früher die Mark.

■ Irish Independent (Irland)

Vertrauensverlust ist Kern der Krise

Wenn man näher betrachtet, warum es nach wie vor keine dauerhafte Lösung für die Eurozone gibt, dann deutet alles auf einen völligen Vertrauensverlust zwischen europäischen Kreditgebern und Kreditnehmern hin. Die Länder, die als Kreditgeber fungieren, glauben nicht, dass die Kreditnehmer noch ihr Wort halten werden. Und die europäischen Randstaaten beschweren sich darüber, dass die Kreditgeber nicht willens sind, die Verantwortung für waghalsige Darlehensvergaben während des Aufschwungs zu tragen. Es ist nun an der Zeit, zur Vernunft zu kommen. Wirtschaftlich wird die Eurozone von einer Rezession und mangelndem Wachstum geplagt und finanziell leidet sie unter einer zu hohen Schuldenlast – doch politisch mangelt es ihr an Vernunft.

■ NRC Handelsblad (Niederlande)

Protektionismus gefährdet Europa

Die französische Regierung hat einen Plan zur Ankurbelung des Kaufs von Elektro- und Hybridautos mit Prämien präsentiert. Das ist verkappter Protektionismus, denn Renault, Peugeot und Citroën sind auf diesem Gebiet weiter als die Konkurrenz in Europa. Niedersachsen wird womöglich mit Schutzmaßnahmen für Volkswagen reagieren. Überall könnten ähnliche politische Maßnahmen folgen. Die Spirale von Protektionismus und Kontraprotektionismus ist dann nicht mehr zu stoppen. Die Krise in der französischen Autoindustrie ist ein Risiko für die gesamte Branche und damit für Europas gemeinsamen Markt mit fairen Bedingungen. Es ist zu bezweifeln, dass die Regierenden diesem Problem in Zeiten der Eurokrise genug Aufmerksamkeit widmen können.

■ Politiken (Dänemark)

Deutschlands Führung versagt

Man kann das Herumflicken am Euro in den letzten Monaten nur als Fiasko sehen. Griechenland scheint weiter hoffnungslos verloren und steuert auf einen Euro-Exit mit unüberschaubaren Konsequenzen für die gesamte europäische Wirtschaft zu. Jetzt wird wohl Spanien Gegenstand der nächsten Runde von end- und fruchtlosen Diskussionen. Das wirklich Tragische ist, dass Europas Politiker die letzten sind, die die Notwendigkeit einer Kursänderung nicht einsehen wollen. Das Ausland und vor allem die USA haben verstanden und jedes Vertrauen in die deutsche Führungsrolle für Europa verloren. Sie hat kein einziges wirtschaftliches Resultat gebracht.

■ Le Monde (Frankreich)

Die EZB ist am Zug

Es ist ein mörderischer Sommer. Man hatte geglaubt, ein bisschen Optimismus zeigen zu können. Aber dabei hatte man die Rechnung ohne die Regierenden der Eurozone gemacht, ihre Lässigkeit und ihre Verantwortungslosigkeit. Kaum war der jüngste EU-Gipfel vorbei, stritten sie sich bereits über die Interpretation der Beschlüsse. Man weiß noch immer nicht, ob die Hilfe für Madrid über den Staat laufen wird oder nicht. Die deutschen Verfassungsrichter nahmen sich erst einmal Urlaub. Sie haben die Zustimmung zum Rettungsschirm ESM auf September vertagt. Angesichts des Desasters mit der Entwicklung der spanischen und italienischen Schuldenkosten wendet man sich nun der Europäischen Zentralbank (EZB) zu. Sie wird Madrid und Rom zur Hilfe kommen. Aber ihr Präsident Mario Draghi hat vollkommen recht, wenn er gleichzeitig die Bilanz zieht, dass die 17 Eurostaaten nicht ihre Arbeit machen.

Quelle: europtopics, dpa