DIE STEUERSCHÄTZUNG GIBT DER CSU RECHT – ABER NUR ZUM TEIL : Gerechtigkeit von oben
Die Zahlen der jüngsten Steuerschätzung scheinen der CSU Recht zu geben: Auch wenn die kurzfristigen Erwartungen etwas zurückgeschraubt werden, kommt langfristig mehr Geld in die Kassen. 2012 haben die öffentlichen Kassen 100 Milliarden mehr zur Verfügung als 2008. Die Forderung nach niedrigeren Steuern für Gering- und Durchschnittsverdiener dürfte bald mehr Zustimmung erfahren.
Das ist nachvollziehbar, denn von den endlich wieder steigenden Löhnen landet durch die Steuerprogression tatsächlich ein wachsender Anteil beim Staat. Und das, ohne dass die Menschen angesichts der steigenden Inflation real mehr Geld zur Verfügung haben. Ein niedrigerer Eingangssteuersatz ist darum richtig. Gleiches gilt für die Veränderung der Steuerkurve, die derzeit bei mittleren Einkommen besonders steil steigt und das Problem verschärft.
Problematisch am CSU-Konzept ist hingegen, dass es keinerlei Gegenfinanzierung vorsieht. Es soll allein aus den steigenden Einnahmen finanzier werden. Doch diese – auch das hat die Steuerschätzung gezeigt – liegen genau in dem Rahmen, der auch bisher schon erwartet wurde. Daher ist dieses Geld auch bereits verplant: Einerseits für den schuldenfreien Haushalt, andererseits für steigende Kosten durch Inflation und Renten oder für Löhne im öffentlichen Dienst.
Die von der CSU geforderte Entlastung würde neuerliche Einsparungen bedeuten. Unter den Kürzungen würden erfahrungsgemäß Menschen mit geringen Einkommen besonders stark leiden, da sie auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Sie bezahlten ihre vermeintliche Entlastung also selbst.
Vermeiden lässt sich das nur, wenn die Einnahmen an anderer Stelle entsprechend erhöht werden – nämlich bei den Vermögen und den Spitzeneinkommen. Sie sind in der Vergangenheit stark entlastet worden, und auch sie würden vom niedrigeren Eingangssteuersatz profitieren. Für mehr Gerechtigkeit im Steuersystem sind darum nicht nur Senkungen im unteren Bereich nötig, sondern auch steigende Sätze am oberen Ende.
MALTE KREUTZFELDT