DIE KRIEGSREPORTERINRTL, „SÜDDEUTSCHE“, „SPIEGEL“, SPRINGER : Das Uwe-Barschel-Kommunikationsmodell
Hallo, taz-Medienredaktion, natürlich bin ich als Hamburgerin mit einem Friesennerz ausgerüstet, doch ich kann nicht anders, als zu sagen, es ist verdammt kühl hier unten und klamm. Denn wieder einmal verschlägt mich meine Aufgabe an einen ungemütlichen Ort. Ich berichte heute aus dem Jenseits. Hier treffe ich Uwe Barschel, der vor wenigen Tagen von seiner Frau mittels eines Mediums zum Gespräch gebeten wurde. Nachdem nicht einmal mehr die Schacken von verstörten Witwen Privatsache sind, hat Witwe Barschel auch kein Problem damit, ihr erstes Gespräch, nachdem ihr Uwe vor 23 Jahren baden ging, von RTL ausstrahlen zu lassen. Was mir noch nicht klar ist: Freya Barschel ist 63 Jahre, ihr Mann war 43, als er starb – wird er mit der Schachtel was anfangen können? Nun, ich werde ihn fragen.
Das Barschel-Kommunikationsmodell ist in der Tat ganz praktisch, schließlich gibt es auch noch eine Menge anderer prominenter Witwen, die bestimmt gern mit ihren Männern reden möchten. Liz Mohn zum Beispiel, die sich bei Reinhard über die gemeine Presse beschweren könnte, die sich – außer der Bunten selbstverständlich – im Jubeljahr weigert, Parfüm zu schlucken, bevor sie ihr entgegenhaucht. Oder Friede Springer, die Axel fragen könnte, welche Apps er auf seinem iPad hat. Denn, so verkündete dieser Tage das Hamburger Abendblatt, „Axel Springer hätte sogar das iPad erfunden“. Was einen ja nicht weiter wundern muss, nachdem der Tausendsassa bereits die Lokomotive und das Heizkissen erfunden hat und unter dem Pseudonym „Konrad Zuse“ den Computer.
Wenn die Süddeutsche nicht gerade mit Headlines wie „Sissis Reitpeitsche gefunden“ Schlagzeilen macht, schenkt auch sie gern ihren Platz den Witwen. „Elefant im Dickicht“ hieß der kürzlich erschienene Artikel über Liz Mohn und man möchte allein dafür schon das Haupt beugen. Wesentlich entscheidender ist jedoch, was sich für das eigene Dasein lernen lässt. Ich lese diese Artikel ja nicht zum Zeitvertreib. Wie Sie sich denken können, will ich ja nicht mein Leben lang in den Fäulnisabfällen anderer waten, sondern stelle mir mein Leben als ein von der Sonne beschienenes vor, das ich auf einem Thron zubringe.
Also, was habe ich gelernt? Liz Mohn, so weiß ich jetzt, hat Fotos von Angela Merkel, der englischen Königin, George W. Bush (!) sowie dem Papst auf dem Schreibtisch stehen. Zunächst fragte ich mich, ob die keine Urenkel hat, dann aber wurde mir die Motivation klar: Das macht sie, falls ihre Heroen mal vorbeikommen. So ganz überraschend auf ein Toffifee. Das macht natürlich unglaublichen Eindruck. Die finden dann die Liz alle ganz toll. Also habe ich sofort Platz geschaffen und auch Fotografien derer aufgestellt, die mich toll finden sollen. Peter-Matthias Gaede, der mich ja bald zum Essen abholt, und Paul Weller hab ich schon aufgestellt. Ein Plätzchen habe ich noch. Da hätte ich gern was Jüngeres. Was fürs Bett. Jonathan Rhys Meyers zum Beispiel. Aber bis der mal den Weg hierher findet, ist er schon grau.
Für den Ausstieg aus dieser Kolumne gehen wir noch einmal ganz tief in den Keller: Matthias Matussek, ehemals wichtig beim Spiegel, hat erneut seine Frauenverachtung unter Beweis gestellt. Im Interview mit Meedia sagte er, angesprochen auf seine cholerischen Ausfälle: „Mein Gott, wir sind eine Großredaktion mit 300 vorwiegend Testosteron-gesteuerten Bullen. … Journalismus ist eben keine Zimperlieschen-Veranstaltung.“ Was macht man mit einem Bullen, mit dem es ständig durchgeht? Man isoliert ihn. Wenn das nicht hilft, muss man ihn notschlachten. Mit den Gummistiefeln winkend, zurück nach Berlin!
DIE KRIEGSREPORTERIN SILKE BURMESTER berichtet jeden Mittwoch von der MEDIENFRONT Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de