DIE INTERIMSREGIERUNG VERDIENT INTERNATIONALE UNTERSTÜTZUNG : Der Irak muss seinen Weg gehen
In der UNO wird man wohl noch eine Weile darüber schmollen, wie die irakische Interimsregierung zustande gekommen ist. Doch zum Glück für das Zweistromland ist ihr Plan gescheitert, eine reine Technokratenregierung zu installieren. Der Glaube, im Irak könnten Politiker – und sei es auch nur für eine kurze Zeit – das Regierungsgeschäft ohne Rückhalt durch die starken politischen Parteien betreiben, ist bestenfalls naiv. Das wäre nichts weniger als die Neuerfindung des gesamten Zweistromlandes.
Nun haben die Iraker das, was sie seit einem Jahr wollten: Einen eigenen Präsidenten und eine Regierung, die das ethnische, religiöse, aber auch politische Spektrum des Landes repräsentiert. Die Bürger sind bereit, dieser Regierung eine Chance zu geben. Dass viele Minister lange Jahre im Exil gelebt haben oder gar enge Beziehungen mit der CIA unterhielten, stört erst einmal wenige. Diesen Bonus können die Frauen und Männer für sich nutzen. Leicht haben sie es aber nicht. Ihre erste Hürde wird sein, bei den Verhandlungen über die UNO-Resolution den Rahmen der Souveränität möglichst breit zu gestalten. Knackpunkt dabei ist das Mandat der Koalitionstruppen. Mindestens so wichtig ist aber der rechtliche Rahmen für die jetzige Interimsregierung. Sie drängt darauf, die im März verabschiedete Interimsverfassung durch die UNO-Resolution zu autorisieren. Das ist richtig und verdient Unterstützung. Denn nur diese Verfassung garantiert, dass die Interimsregierung ihre Kompetenz als Sachwalterin bis zu Wahlen nicht verletzt. Zudem garantiert sie den Bürgern Iraks die lang ersehnten demokratischen Grundrechte und vor allem den Kurden Minderheitenschutz. Ohne diesen rechtlichen Rahmen würde sich die Regierung schon bald im Würgegriff der mächtigen Geistlichen finden. Ohnehin wird es die Regierung schwer haben, sich gegen die Gegner einer Demokratisierung durchzusetzen. Die Bombenleger werden in den nächsten Wochen alles tun, um die Regierung vorzeitig zu Fall zu bringen. Deshalb sollte man ihr vollen Rückhalt geben. Nur dann haben die Iraker eine Chance, im Januar ihre Souveränität auszuüben – und ihre Volksvertretung zu wählen. INGA ROGG