piwik no script img

Archiv-Artikel

DIE HERZOG-KOMMISSION DIENT NUR DEM KAMPF GEGEN DIE REGIERUNG Schlecht beratene Oppositon

So also sieht die Antwort der Christdemokraten auf die monatelang als „Kommissionitis“ gegeißelte Beratungslust der Bundesregierung aus: Gestern stellte CDU-Chefin Angela Merkel Exbundespräsident Roman Herzog als Vorsitzenden der Unions-Kommission für die Sozialsysteme vor.

Die Kommission besteht bislang vorwiegend aus Mitgliedern der Unions-Fraktion im Bundestag sowie zwei Unions-Ministerpräsidenten. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass mancher profilierte, unionsnahe Sachverständige zum Thema bereits bei der Konkurrenz, in der Rürup-Kommission der Regierung, Platz genommen hat. Einziger echter Gesundheitsspezialist der Herzog-Kommission ist – wer hätte das gedacht? – der Exgesundheitsminister Horst Seehofer.

Diese Personalauswahl lässt ahnen, welche Rolle die Herzog-Kommission im anstehenden Kampf um das Gesundheitswesen spielen soll: Verbrämt mit der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Autorität eines ehemaligen Verfassungsrichters und Bundespräsidenten wird die Union unter der Führung von Seehofer alle Vorschläge zur Gesundheitsreform aus dem Hause Ulla Schmidts als „staatlichen Dirigismus“ geißeln. Zudem dürfte sie verlangen, dass der Arbeitgeberanteil an den Sozialabgaben eingefroren wird und Patienten wesentlich mehr für Behandlungen zahlen müssen.

Natürlich wäre zu wünschen, dass ein unabhängig denkender Mensch wie Herzog den Unions-PolitikerInnen mehr Sachlichkeit verordnet und den Verzicht auf Floskeln wie „Eigenverantwortung stärken“, wenn höhere Zuzahlungen von Patienten gemeint sind. Die Erfahrung mit der CDU-Zuwanderungskommission zeigt jedoch, dass die Union jederzeit Erkenntnisse ihrer eigenen Expertenrunden vergisst, wenn es darum geht, tagesaktuell zu punkten: So versuchte etwa Saarlands Landeschef Peter Müller, jetzt Mitglied der Herzog-Kommission und ehemaliger Chef der CDU-Zuwanderungskommission, im Jahr 2001 seiner Partei zu erklären, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Wieweit die Union diese späte Erkenntnis umgesetzt hat, ist bekannt. ULRIKE WINKELMANN