DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : In Glitzerrente
WAS SAGT UNS DAS? Die Popsängerin Britney Spears geht nach Las Vegas. In der Stadt des Glücksspiels wird sie Millionen Dollar verdienen
Britney Spears ist fertig mit dem Musikgeschäft, und das Musikgeschäft ist fertig mit ihr. So sah es zumindest bisher aus. Aber nun hat die ewige „Pop-Prinzessin“ (Boulevardmedien, das Internet) einen fetten Vertrag in Las Vegas an Land gezogen: zwei Jahre, 100 Auftritte im Casino-Hotel Planet Hollywood 24. Medien in den USA spekulieren, die Spears könnte 330.000 US-Dollar pro 90 Minuten Voll-Playback verdienen.
Stimmt die Gage, ergäbe das eine durchaus ehrenhafte Abfindung. Abfindung: weil aus Las Vegas’ Glitzertempeln noch kein Exstar je wiedergekehrt ist. Celine Dion entschwand nach einer Handvoll Grammys (1996 für das Album „Falling into you“), ungefähr doppelt so vielen Amercian Music Awards und dem Titelsong zum Schmachtstreifen „Titanic“ (1998) vor knapp elf Jahren in die Wüste von Nevada – und weil sie nicht gestorben ist, singt sie immer noch im Caesars Palace.
Elton John setzte sich nach Ritterschlag (1998, die Queen) und Ehrendoktorwürde (2002, Royal Academy of Music) im September 2011 ebendort mit seiner entwaffnend ehrlich betitelten „The Million Dollar Piano Show“ verdient und endlich zur Ruhe.
Selbstverständlich ergießen sich nun Häme, Spott und Hohn auf die Sängerin: „Mit 32 schon im Ruhestand?“, fragte Spiegel Online unschuldig, „einträgliche Altersversorgung“, schrieb der Stern, wie es ist, und Bild Online hoffte an Neujahr wohl auf alkoholbedingte Hirnträgheit bei den Lesern, als man sich überrascht über Offensichtliches („Playback?“) gab.
Dabei ist Spears’ Gang nach Las Vegas klug. Wer in den 90ern schon als Bravo-Starschnitt an der Wand seiner AltersgenossInnen hing, ist jetzt entweder wirklich ein Star oder am Ende. Spears oder zumindest doch ihrem Manager Larry Rudolph dürften nach dem Flop ihres letzten Albums, „Britney Jean“, Ende des vergangenen Jahres klar sein: Ewig werden sich Operationen ihres Näschens von den Verkäufen ihrer Tonträger und dem kostenintensiven Betouren derselben nicht finanzieren lassen.
Also lieber gleich nach Vegas, bevor es selbst für derartige, nun ja, Chance zu spät ist und bei der Gelegenheit via Boulevardpresse schon mal Interesse an einer Schauspielkarriere bekunden. Zwei Jahre hat sie Zeit, sich einen Regisseur zu angeln. Ein Aufschub. Und wenn sie in zwei Jahren stattdessen eine Vertragsverlängerung im Planet Hollywood 24 unterschreibt? Macht die Bild sich überrascht über die Reste ihrer Karriere her. ANNA KLÖPPER