DIE ABRÜSTUNGSVORHABEN DES IRAK SOLLTEN ERNST GENOMMEN WERDEN : Die Drohkulisse wirken lassen
Die gute Nachricht kommt aus Bagdad: Die irakische Regierung hat angekündigt, der Aufforderung nach Abrüstung von UN-Chefinspektor Hans Blix nachzukommen. Ab dem heutigen Samstag, erklärt die UNO, könnte mit der Zerstörung jener irakischen Raketen begonnen werden, deren Reichweite womöglich 150 Kilometer übersteigt.
Eigentlich müsste das ein Grund zur Genugtuung für die USA und Großbritannien sein. Seht ihr, müssten Tony Blair und George W. Bush den skeptischen Regierungen und der Friedensbewegung zurufen, seht ihr, Saddam Hussein hört nur auf militärischen Druck! Bush und Blair könnten sich und Blix beglückwünschen, den widerspenstigen Diktator endlich dazu gebracht zu haben, seine Waffenarsenale anzugehen. Die nächsten Ziele würden vereinbart werden, etwa eine ultimative Aufforderung an den Irak, den Verbleib der angeblich zerstörten Chemiewaffen nachzuweisen und das von den Inspekteuren kontrollieren zu lassen. Die Friedensbewegung wäre zerknirscht.
Aber nichts dergleichen geschieht. Stattdessen erklären Bush und US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld übereinstimmend, die Frage der Raketen und die irakische Ankündigung sei ohne jede Bedeutung. Stattdessen versucht die US-Regierung weiter, die Mitglieder des Sicherheitsrates zu bearbeiten, um eine Resolution durchzubringen, die dem Irak Kooperationsunwilligkeit attestiert und den Krieg begründet.
Sicher, der Irak ist wirklich nicht „willig“. Er handelt unter Druck, und es ist offensichtlich, dass die irakische Regierung kein Interesse daran hat, von sich aus möglichst viele Waffen herauszugeben, ein großes hingegen daran, nicht von den USA angegriffen zu werden. Wäre es anders, müsste ja auch niemand drohen.
Die Ignoranz der US-Regierung, so steht zu befürchten, unterhöhlt auch die mühsam aufgebaute Autorität der UN-Inspektoren. Wenn der irakischen Regierung unmissverständlich klar gemacht wird, dass die Erfüllung der UN-Forderungen sie nicht vor einem Angriff schützen kann, wird sie das bleiben lassen. BERND PICKERT