DER RECHTE RANDWie die rechtsextreme Partei einen Steinwurf ausnutzt : NPD stilisiert sich als Opfer
Über 400 Menschen protestierten, als am Ostersamstag 50 Kameraden der NPD Lüneburg im niedersächsischen Buchholz aufmarschierten, Motto: „Kriminelle Ausländer abschieben“. Einen Steinwurf an jenem Tag nutzt die NPD seitdem aus, um sich als Opfer einer „Gewaltspirale“ zu inszenieren. NPD-Landeschef Adolf Dammann hat der Kirche, dem DGB und der „örtlichen Politik“ vorgeworfen, „Gewalt von Linksradikalen“ zu dulden.
Bei der Anreise zu der Kundgebung, die NPD-Bundesordnerchef und Landesvize Manfred Börm organisiert hatten, war der Lautsprecherwagen der NPD mit Steinen beworfen worden. Einer verletzte das NPD-Mitglied Daniel Hartwich. In der örtlichen Klinik musste der 27-Jährige wegen eines Schädel- und Nasenbeinbruchs behandelt werden.
„Schädeltrümmerbruch bei NPD-Mitglied“ titelte die NPD auf ihrer Website und versprach „1.000 Euro für Hinweise zur Ergreifung der Täter“. Auf einem Foto präsentierte sich NPD-Landesvorstandsmitglied Christian Berisha in Tarnfleck-Chic am Krankenbett des Betroffenen.
Die Polizei hat Ermittlungen wegen versuchten Totschlags aufgenommen. „Die Verletzungen sind deutlich schwerwiegender als angenommen“, sagt Jan Krüger, Pressesprecher der Polizeidirektion Harburg. „Akute Lebensgefahr“ bestehe jedoch nicht. Vor Ort waren zwei 19-Jährige aus der linken Szene vorübergehend festgenommen worden.
Den Vorfall weiter ausnutzend behauptet die NPD, nur „aufgrund des enormen Drucks“ der Partei sei eine Sonderermittlungsgruppe eingesetzt worden. Die Polizei habe gebeten, die Aufnahmen der „Videotruppe der NPD-Niedersachsen“ nutzen zu dürfen. Dieser Bitte werde man nachkommen.
Kritik übte die NPD an Buchholz’ parteilosem Bürgermeister Wilfried Geiger: Der hat es bisher unterlassen, ihren Kameraden im Krankenhaus zu besuchen.
Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland