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Archiv-Artikel

DER NAHE OSTEN NACH DEN SELBSTMORDANSCHLÄGEN Warum Israel Abbas helfen muss

Für Israelis und Palästinenser war die Waffenruhe in den letzten sechs Wochen eine Hoffnung – vielleicht sogar etwas mehr. Die Israelis begannen sich darauf zu verlassen, dass es mit den Selbstmordanschlägen erst mal vorbei sei. Die Wirtschaft florierte zögerlich, sogar der Tourismus schien wieder in Gang zu kommen. Und viele Israelis taten, was sie zuvor nicht gewagt hatten: Sie gingen in Einkaufszentren und in Vergnügungsstätten.

Auf der anderen Seite war das Bild zwiespältiger. Über 300 palästinensische Familien konnten Söhne und Ehemänner, die Monate und Jahre im Gefängnis gewesen waren, wieder in die Arme schließen. Doch tausende müssen weiter warten. Einige tausend Arbeiter bekamen erneut die Chance, in Israel zu jobben. Doch zigtausend blieben weiter ausgesperrt. Einige Straßensperren verschwanden, viele blieben. Doch immerhin verließ die israelische Armee Bethlehem und Ramallah und stellte weitere Rückzüge in Aussicht. Und mit Mahmud Abbas übernahm ein neuer Führer die Geschäfte, der sogar in Washington mit Wohlwollen empfangen wurde.

Seit den zwei Selbstmordanschlägen von gestern ist die Waffenruhe nicht mehr, was sie mal zu sein schien, fürchten Israelis. Dass Militäraktionen das Wuchern versteckter Terrorzellen nicht verhindern, war ein offenes Geheimnis. Deshalb hatte die Mehrheit der Israelis Hoffnungen in den Trennzaun gesetzt. Solange der noch große Löcher aufweist, hatte man auf die Wirkung der Waffenruhe, der „Hudna“, gehofft. Das ist vorbei.

Und trotzdem dürften die Attentate nicht das Ende der Waffenruhe sein. Denn alle Beteiligten – die Palästinenserbehörde, die Islamisten, die israelische Regierung und die USA – haben daran nach wie vor Interesse. Es liegt nun vor allem an Israel, die Position des zweifellos moderaten Mahmud Abbas durch vertrauensbildende Gesten, überzeugende Zugeständnisse und Großherzigkeit in den Augen der palästinensischen Bevölkerung zu stärken. Nur so wird er an Charisma gewinnen und die internen Gegner von der Notwendigkeit der Aufgabe des bewaffneten Kampfes überzeugen. Das wird nur gelingen, wenn am Ende glaubhaft ein palästinensischer Staat in Aussicht steht. ANNE PONGER