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Archiv-Artikel

DER KAMPF UM DEN SICHERHEITSRATSSITZ HAT LATEINAMERIKA GESCHADET Schön nur für Panama

Das ging dann doch schneller als erwartet: Nach drei Wochen mit 47 Abstimmungen in der UN-Vollversammlung sind Guatemala und Venezuela den einzig möglichen Weg gegangen: Sie haben sich auf einen gemeinsamen dritten Kandidaten für den Posten Lateinamerikas im UN-Sicherheitsrat geeinigt. Panama soll es nun richten.

Klar darauf ausgerichtet, beide Seiten das Gesicht wahren zu lassen, ist Panama tatsächlich ein Kompromiss, mit dem Lateinamerika leben kann. Panamas Regierung unter Präsident Martín Torrijos ist weder eine Marionette der USA – wie Guatemala – noch eine Venezuelas.

Bleibt trotzdem die Frage, wer in dem schmerzhaften Prozess eigentlich gewonnen hat. Sicher: Die USA haben trotz großen diplomatischen Drucks ihren Wunschkandidaten nicht durchsetzen können. Aber auch der internationale Einfluss von Venezuelas Präsident Hugo Chávez ist für alle sichtbar zurechtgestutzt worden, nachdem er sich mit seiner doch arg plumpen antiimperialistischen Rhetorik beim Blockfreiengipfel in Havanna auf der Siegerstraße Richtung Sicherheitsrat wähnte.

Wirklich verloren gegangen ist jedoch vor allem die Einheit Lateinamerikas – also das, was Chávez im Geiste des lateinamerikanischen Befreiungshelden Simón Bolívar in jeder Rede beschwor. Statt gemeinsam eine starke Position zu formen, zeigten sich die lateinamerikanischen Länder über Wochen hinweg gespalten. Dass die USA daran ein Interesse haben, ist klar. Nichts können sie weniger gebrauchen als einen Subkontinent, der womöglich zukünftig bilaterale Freihandelsabkommen mit den USA zugunsten einer starken gemeinsamen Verhandlungsposition zurückweisen würde.

Das Paradoxon ist, dass ausgerechnet Chávez, der am stärksten die lateinamerikanische Einheit bemüht, zu dieser Spaltung am meisten beigetragen hat. Dass er polarisieren kann, hat er in seiner ganzen Karriere bewiesen. Dass daraus aber nur manchmal politische Erfolge entstehen, hat er jetzt erneut schmerzlich erfahren müssen.

BERND PICKERT