DB, Bahn etc. : Millionen Klebebuchstaben
Eine Marketingabteilung dreht zusammen mit den Kollegen vom Design durch: die Deutsche Bahn und das Logo-Gerubbel
Vielleicht betreibe ich einfach zu viel Trainspotting. Die Bahn kann einen jedenfalls irre machen mit ihren unausgegorenen Marketinganstrengungen. Hatte man vor Jahren scheinbar internationalistisch das D vor dem B von „Deutsche“ auf „Die“ uminterpretiert und das Logo zart vereinfacht, investiert man nun Tausende von Arbeitsstunden, um „Die Bahn“ vor dem DB-Logo von den Zügen zu rubbeln. Nun heißt es nur noch DB Bahn, und das möglichst auf absolut jeder verdammten Waggontür.
Wobei das, was die Bahn in bundesweitem Maßstab durchzieht, einem noch vorkommt, als sei es vom Willen zur Kontinuität getragen, wenn man es mit den jährlichen Umklebungen bei der Berliner S-Bahn Berlin vergleicht, die ja ein Tochterunternehmen der Bahn ist. Einmal klebte man das S-Logo über das schnöde Normal S, dann fügte man plötzlich ein „GmbH“ an. Schließlich tauchten die ersten DB-Logos vorne auf dem Zug auf. Das GmbH verschwand wieder. Zwischendurch überbrückte man die Arbeitszeit mit Umklebungen der recht langen Wagennummern – auch Wagenumnummerierungen sind sehr beliebt.
Der bald börsennotierte Mutterkonzern hat jetzt einen neuen, sicher wichtigen und alternativlosen Schritt gewagt: alle Wagenzahlen vorne und hinten abknibbeln und neu in der Mitte aufkleben. Toll vor allem die Spuren auf dem Lack, da die ehemals beklebten Flächen ein wenig dunkler erscheinen.
Corporate Design ist Mehdorns Kreativen total wichtig, deshalb wird auch bei der Güterbahn öfter mal umbenannt. Hieß die Sparte zunächst DB Cargo, dann Railion (in zwei Schreibvarianten), heißt sie seit Neuestem am liebsten DB Schenker. Wobei Schenker eine der größten Speditionen in D-Land ist. Wie wär’s also mit DB LKW auf den Güterwaggons? Muss ja nicht ewig draufstehen.
Auch toll wäre natürlich eine vollständige Umflaggung der Bahnflotte und aller Gebäude. Die Deutsche BP hat ja auch (fast) alle Tankstellen in Aral-Blau umflaggen lassen. Was in der grün-blauen Umbauphase übrigens fast psychedelisch wirkte. Und aus dem Industriekonzern RAG wurde im Werber-Sprachlabor Evonik. Demnächst werden die meisten Plus-Märkte in Netto umbenannt und sogar die Einkaufswagen von Blau-Orange auf Schwarz-Gelb umlackiert. Bei 2.500 Läden ein Riesending, eigentlich nur von Spezialisten der DB zu bewältigen.
Komisch allerdings, dass die Bahn im Kleinen dann manchmal doch recht knauserig ist. Vor allem bei einem Gewinn von fast 1 Milliarde Euro. An einem neu gebauten S-Bahnhof in Berlin-Schöneberg fehlen seit Monaten die grün-weißen S-Schilder. Dafür liebe ich die durchgeknallte Idee des Nutella-Tickets: 25 Prozent Prozent Rabatt. Einfach dem Schaffner den Schokoglas-Deckel vor die Nase halten und billiger fahren.
Im Winter sehe ich neue Herausforderungen für die DB-Klebegeister: „Bahn“ abkratzen und Mobility Logistics AG draufschreiben. Oder noch einen flotten Spruch auf die Loks kleistern: „We love to rail you!“
ANDREAS BECKER