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Archiv-Artikel

DAVID DENK ÜBER FERNSEHEN RTL2 MACHT WIEDER GEHIRNE KAPUTT Herrenwitz mit Mätresse

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | KOLUMNE@TAZ.DE

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Es gibt Schmutz, gegen den hilft keine Seife. Da kann man einweichen und bürsten, so viel man will – er geht einfach nicht raus. Auf diesen besonders hartnäckigen Dreck ist im deutschen Fernsehen RTL2 abonniert, aggressiv frisst er sich in die Hirne der Zuschauer – oder das, was der Monstertrashsender davon übrig gelassen hat.

Neulich lag ich kränkelnd zu Hause auf dem Sofa und landete beim Zappen in der „Villa Germania“. Was ich da sah, war so erschütternd, dass ich unmöglich umschalten konnte. Die Wohnanlage im thailändischen Pattaya wirkt wie eigens für RTL2 gebaut, wird sie doch bewohnt von runzligen Herrenwitzen auf drei Beinen und ihren straffen thailändischen Mätressen, die hier der Erlösung durch Ableben bzw. Erben entgegenbechern.

Doch so viel Alkohol, dass einem der Blockwart, pardon: Manager des Hauses, ein dauergeiler alter Bock namens Horst, sympathisch wird, kann kein Mensch trinken. Der Rentner aus dem hohen Norden übererfüllt alle denkbaren Klischees über Sextouristen: Er hat die Kohle, also kann er alle haben, überall. Das gefällt ihm so an den thailändischen Frauen, dass man sie gleich beim ersten Date ficken kann, nicht wie die verwöhnten Dinger in Deutschland, die man erst mal zu mehreren Abendessen ausführen muss – und selbst dann gibt es keine Garantie, dass der große Horst seinen kleinen „Horsti“ einführen darf. Auch die thailändischen Frauen sind nicht umsonst zu haben – aber da stimmt die Kosten-Nutzen-Rechnung für Horst, der sich in Pattaya sogar noch eine Nebenfreundin leisten kann.

Ja, Horst genießt sein thailändisches Leben – seit er dabei vom Fernsehen begleitet wird, umso mehr. Zuschauer zu haben, macht ihn übermütig. „German TV Star“, ruft er im Garten des Krankenhauses den Krankenschwestern in ihren schnuckeligen Uniformen zu und meint damit sich. Den Rollstuhl, in dem er wegen eines Knieleidens sitzt, schiebt sein bester Freund Ingo, den Horst wie ein Haustier behandelt. Es scheint ihm zu gefallen: Dankbar dackelt Ingo hinter ihm her. Das Abstoßende an Horst ist, wie wenig er auf die Würde seiner Mitmenschen gibt und wie gut er damit durchkommt. Horst ist das Zentrum seines Universums. Solange sich alles um ihn dreht, ist er mit seiner thailändischen Rentnerwelt im Reinen. Und dass sich alles um ihn dreht, sieht man ja schon an den auf den Alphahorst gerichteten Kameras.

Mancher RTL2-Zuschauer dürfte sich durch Horsts – nun ja – Vorbild in seinem Weltbild bestätigt sehen: Männer oben, Frauen unten (erst recht ausländische!) – auch, aber eben nicht nur beim Sex. „Villa Germania“ ist das Gegenteil von Bildungsauftrag – die Konterrevolution im Dokusoapformat. Gleichberechtigung? Nicht mit ganzen Kerlen wie Horst. Die Frauenbewegung ist an ihnen spurlos vorübergegangen. Wobei man Horst damit vielleicht doch ein bisschen unrecht tut, denn es gibt Grenzen, die akzeptiert sogar er: Die Freundinnen von Freunden sind tabu. Den Popoklaps in Ehren lässt er sich allerdings auch bei ihnen nicht nehmen, er hat halt so nervöse Finger, der Horst.

Ich würde sie ihm gern brechen. Jeden einzeln.