DAUMENKINO : „Hochzeitspolka“
Am liebsten würde man die Kritik zu „Hochzeitspolka“ mit einem Polenwitz beginnen. Etwa mit dem angeblich kürzesten: Zwei Polen treffen sich bei der Arbeit. Dann wäre man gleich beim Thema, denn eine Komödie, in der Deutsche auf Polen treffen, muss doch voller Polenwitze sein. Die natürlich, schließlich ist es öffentlich gefördertes, mithin der Aufklärung verpflichtetes Kino, in all ihrer Schlechtigkeit und „Political Incorrectness“ entlarvt werden. Die Zuschauer dürften über plumpe Vorurteilsscherze lachen und ganz subversiv zugleich den Polenwitz als solchen auslachen. Doch in Lars Jessens „Hochzeitspolka“ ist alles anders. Womit nicht die Handlung gemeint ist, denn die geht ihren erwarteten Gang: Frieder, der vor Jahren seine Rockband „Heide Hurrican“ im Stich ließ, um als Geschäftsführer einer deutschen Firma in Polen die Gutbürgerlichkeit zu entdecken, bekommt am Tag vor seiner Hochzeit mit der schönen Gosia überraschenden Besuch von seinen vier alten Bandkollegen. So tritt nicht nur die verschwiegene Rockvergangenheit Frieders mit seinem polnischen Spießerleben im noch nicht ganz fertigen Einfamilienhaus in Konflikt, sondern treffen mit den unangepassten deutschen Musikern auf der einen und der katholisch-polnischen Hochzeitsgesellschaft auf der anderen auch ausgesprochen feindlich gesinnte Welten aufeinander.
Anders als in anderen Komödien dieser Art wurde für „Hochzeitspolka“ gründlich recherchiert. So kommt nicht nur vor, wie sehr das heutige deutsch-polnische Verhältnis immer noch von den Demütigungen des Zweiten Weltkriegs geprägt ist. „Die kommen sich mal wieder als etwas Besseres vor, die alte Herrenrasse“, kommentieren etwa die Polen. Die Hochzeitsfeier bietet auch schöne Möglichkeiten, den großen Gegensatz der Gegenwart zu inszenieren, bei dem die Polen mit ihrem Respekt vor Traditionen und Formalitäten über die neudeutsche Unkonventionalität und Formlosigkeit im Benimm nur entsetzt den Kopf schütteln können. Und darin liegt vielleicht der Konstruktionsfehler dieser Komödie: In all ihren prägnanten kleinen Szenen und präzisen Beobachtungen wächst sie weit über das Niveau des Polenwitzes hinaus, reizt aber leider auch entsprechend weniger zum Lachen. Das hölzerne Spiel der deutschen Darsteller, ausgenommen Christian Ulmen, tut ein Übriges, und die Toten Hosen mit ihrer polnischen Version von „Eisgekühlter Bommerlunder“ machen auch nicht gerade Reklame für den deutschen Humor.
BARBARA SCHWEIZERHOF
■ „Hochzeitspolka“. Regie: Lars Jessen. Deutschland/Polen 2010, 98 Min.