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Archiv-Artikel

DASS DIE GESUNDHEITSREFORM FUNKTIONIERT, IST NOCH NICHT BEWIESEN Die Politik und die Beitragssenkung

Die Barmer Ersatzkasse zum Beispiel senkt zum 1. April für ihre 5,5 Millionen Mitglieder die Beiträge um 0,2 Prozentpunkte. Ist das der lang erwartete Beweis dafür, dass die Gesundheitsreform greift? Dann würde der Rückgang zeigen, dass die Kosten erfolgreich gedrückt wurden. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt befördert diesen Eindruck gerne. Nicht zuletzt hängen Wohl und Wehe der Regierung davon ab, ob die Kassenbeiträge und damit die Lohnnebenkosten sinken – unabhängig davon, ob damit auch das Versprechen eingelöst wird, dass nun die Arbeitslosigkeit sinkt.

Doch so unmittelbar ist der Zusammenhang zwischen den Auswirkungen der Gesundheitsreform und den Kassenbeiträgen nicht – geringere Kosten heute bedeuten nicht automatisch niedrigere Beiträge morgen. Dazwischen drehen sich noch ein paar Rädchen, und die sind politisch. Erstens hat die Barmer ihre Entscheidung schon im Dezember gefällt. Da wusste noch niemand, wie sich die Reform auswirkt. Zweitens hat die Ministerin den Kassen erlaubt, ihre Defizite wie eine Teppichwelle vor sich herzuschieben, statt sie mit Mehreinnahmen sofort zu begleichen. Das ist nicht sauber.

Und drittens gibt es Kassen, die sich ein bisschen mehr, und Kassen, die sich ein bisschen weniger mit den Zielen der Ministerin identifizieren – und entsprechend mehr oder weniger flexibel ihre Beiträge gestalten. Wollen die Kassen Druck auf die Ministerin ausüben, behaupten sie, auf keinen Fall auch nur ein Zehntelpünktchen zur Disposition stellen zu können. Weist die Ministerin sie dann darauf hin, dass das Wohl der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt von einer sozialdemokratischen Regierung abhängen könnte, geben sie sich wieder gefügiger.

Wenn die Versicherten nun zu Recht vermuten, dass es ein klares, nachvollziehbares Verhältnis zwischen Beitragseinnahmen und Gesundheitsausgaben nicht gibt, schwächt dies den Glauben an das Gesundheitssystem insgesamt. Letztlich wird dies Geschacher um Zehntelprozente also auf die Gesundheitsreformer zurückfallen. Mit Behauptungen, es gehe voran, sind sie also besser vorsichtig. ULRIKE WINKELMANN