DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL : Psst, Ruhe bitte
OMG In Genf dürfen Schüler die Oper „Noahs Sintflut“ nicht singen. Das sei eine religiöse Handlung – und in der Schweiz verboten
Für die einen ist das Verbot „une grande bêtise“, eine große Dummheit, und eine „präventive staatliche Zensur“. Für andere wiederum lediglich die konsequente Auslegung des Artikels 15 der Schweizer Bundesverfassung, der die Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleisten soll. Und dazwischen ein paar Kinder, die einfach nur eine Oper singen sollten. In Genf hat die Kinderoper „Noahs Sintflut“ von Benjamin Britten (1913–1976) für einen kleinen Eklat gesorgt. Auf Anordnung des kantonalen Bildungsdepartements wurde den Schülerinnen und Schülern zwischen fünf und sieben Jahren das SINGEN der Oper verboten. Es gehe allerdings nicht um ein generelles Aufführungsverbot, hören dürften die Oper alle. Das Problem sei allein das explizite Singen des biblischen Werkes, das mit dem „Vollzug einer religiösen Handlung“ vergleichbar sei, wie sich das Departement rechtfertigte. Und schließlich handle es sich um junge Teilnehmende, die in Fragen des Glaubens noch nicht gefestigt seien.
Eine absurde Argumentation, dass religiöse Handlungen erst dort beginnen würden, wo Inhalte explizit ausgesprochen und somit aktiv reproduziert werden. Die listigen Kinder werden sich den Text sowieso merken und ihn nachher inbrünstig auf dem Pausenhof singen. Und da heutzutage ja auch Fünfjährige bereits Smartphones haben, ist es sowieso nicht weit bis zu den Liedtexten.
In den Kommentarspalten der Boulevardmedien wird bereits der Untergang des christlichen Abendlandes befürchtet. Ganz so schlimm ist es nicht. Aber viel Kunst würde mit mehr solcher Verboten wohl nicht mehr übrig bleiben, ob gesungene, gemalte oder geschriebene.
Das Departement zeigt sich mittlerweile gesprächsbereit und will das Verbot für das Schuljahr 2016/17 aufheben. Na, Gott sei Dank. Bis dahin wird mitgesummt. MATTHIAS FÄSSLER