DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL : Maschinenträume
System Seit Montagabend wird die Londoner U-Bahn bestreikt. Es geht um die Schließung der Verkaufsschalter und den Abbau von 960 Stellen
Wenn diese Welt ein klein bisschen anders wäre, als sie ist, könnten die TicketverkäuferInnen der Londoner U-Bahn vor Freude in die Hände klatschen – denn die Schalter, in denen sie arbeiten, sollen abgebaut werden und Fahrscheine künftig nur noch an AUTOMATEN erhältlich sein. Für die VerkäuferInnen könnte das bedeuten: keine Schichten mehr zwischen U-Bahn-Geruch und Neonlicht, kein „Hi, thank you, bye“ zu graugesichtigen Geschäftsleuten, keine Kassenrattergeräusche, tausendmal am Tag. Stattdessen: Beine baumeln über der Themse und Cocktails schlürfen im Sonnenuntergang.
Leider leben wir in einer anderen Gesellschaft und in der sieht das Szenario so aus: Arbeitslos in London lässt es sich unter den gegebenen Bedingungen schlecht mit den Beinen baumeln. Also streiken die Beschäftigten und Mitglieder der Transportgewerkschaft RMT gegen die Einrichtung von Automaten und den Abbau von rund 960 Stellen. Es steckt irgendwie der Wurm drin in der Art und Weise, in der Menschen den technischen Fortschritt nutzen. Dabei könnte es so schön sein. Dietmar Dath, Ex-FAZ-Chefredakteur mit seinem Faible für Kommunismus und Maschinen, weiß das schon seit einer Weile. „Es sind bekanntlich nicht die Maschinen, die Maschinen einstellen, sondern Menschen, die Maschinen bauen und einsetzen. Daher ist es nicht länger hinzunehmen, dass Maschinen die Lebensverhältnisse zunehmend verschlechtern, obwohl sie im Ursprung dazu gedacht waren, diese zu verbessern.“ Wieso, fragt man sich, machen wir eigentlich so konsequent Dinge, die uns nicht glücklich machen? Sinn macht das keinen. Aber automatisch ändern wird es sich auch nicht. JUP