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Archiv-Artikel

DAS CSU-RENTENKONZEPT IST PATRIARCHALISCH UND REALITÄTSFREMD Kinderbetreuung statt Geldstrafe

Die Idee wirkt einleuchtend: Die Kinder von heute finanzieren die Rentner von morgen – also sind alle Kinderlosen eigentlich Sozialschmarotzer und zu bestrafen. Wie bei jeder Idee, die plausibel scheint, findet sich auch hier jemand, der sie herausposaunt. Diesmal ist es die CSU, die Eltern belohnen will. Deren Rentenbeiträge sollen pro Kind monatlich um 50 Euro sinken – und die kinderlosen Beitragszahler müssten jährlich etwa 6 Milliarden Euro zusätzlich aufbringen.

Die angeblichen Schmarotzer halten dagegen: Nicht alle Kinderlosen sind freiwillig ohne Nachwuchs. Das zeigt bereits das bemerkenswerte Paradox, dass Deutschland zwar eine der niedrigsten Geburtenraten verzeichnet, aber rekordverdächtige In-Vitro-Fertilisationen zählt. Der Markt für Reproduktionsmedizin wächst jährlich um zwanzig Prozent. Und was ist mit jenen Singles, denen der Partner zum Kind fehlte? Oder mit Arbeitslosen, die ihr Leben zu unsicher fanden, um es Kindern zuzumuten?

Der CSU-Diskurs „Eltern belohnen, Kinderlose bestrafen“ ist Unsinn. Trotzdem, abhaken lässt sich das Thema nicht. Denn es stimmt ja, dass vor allem Familien arm sind und dass mehr Kinder wünschenswert wären. Daher ist den Kinderlosen – ob freiwillig oder unfreiwillig – durchaus zuzumuten, noch ein paar Extramilliarden Euro aufzubringen. Aber diese Familienförderung kann nicht aussehen wie im CSU-Konzept. Dort soll ja nur innerhalb der Rentenversicherung umverteilt werden. Was also ist mit Selbstständigen oder Beamten? Familienförderung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und daher über Steuern zu finanzieren.

Die Frage bleibt, was eigentlich finanziert werden sollte. Die CSU will in Rentenanteile für Mütter investieren – und bastelt damit am Modell Hausfrauenehe. Diese Idee ist nicht nur patriarchalisch, sondern wirklichkeitsfremd. Drei Erziehungsjahre werden bereits angerechnet, und wie sich zeigt, entscheidet sich keine Frau für ein Kind, weil in ferner Zukunft eine höhere Rente winkt. Wenn die Kinderlosen Zusatzmilliarden aufbringen sollen, dann nur für eines: Kinderbetreuung. Auf diese Weise können Mütter arbeiten und sich allein um ihre Rente kümmern. ULRIKE HERRMANN