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Archiv-Artikel

DANIEL BAX ZUM STREIT ÜBER DEN MÜNSTERANER THEOLOGEN KHORCHIDE Konkurrenz belebt das Geschäft

Die Islamverbände befürchten, an islamischen Fakultäten werde eine Art „Staatsislam“ gelehrt

Die muslimischen Verbände, die jetzt gegen den Münsteraner Islam-Theologen Mouhanad Khorchide Front machen, haben sich verrannt. Es steht ihnen zwar frei, seine Überzeugungen kritisch zu sehen. Aber wer sind sie denn, von ihm zu verlangen, sie zu revidieren und gar zu bereuen? Der Islam kennt keine Kirche und keinen Papst, die vermeintlichen Abweichlern mit Exkommunikation drohen könnten. Manche Fundamentalisten maßen sich zwar immer wieder mal wieder das Recht an, andere zu Abtrünnigen zu erklären. Dieses schlechte Beispiel sollte hierzulande aber gar nicht erst Schule machen. Wer das versucht, schließt sich selbst aus jeder ernsthaften Debatte aus.

Der Streit über den Münsteraner Theologen ist allerdings symptomatisch. Denn mit der Errichtung von insgesamt vier Zentren für islamische Theologie ist in Deutschland ein neues Gravitationszentrum für den innerislamischen Streit um den richtigen Glauben entstanden. Die Islamverbände fürchten, durch diese Konkurrenz ihre bisherige Deutungshoheit in Glaubensfragen darüber, was den richtigen Weg ausmacht, zu verlieren. Darum betrachten sie die neuen islamischen Fakultäten an den Hochschulen oft nicht mit Begeisterung, sondern mit dem Misstrauen, hier werde eine Art „Staatsislam“ gepredigt.

Mit dem strikten Beharren auf ihrer Deutungshoheit und auf den Rückhalt, den sie in ihren Moscheegemeinden genießen, werden die Islamverbände ihre Autorität in Glaubensfragen aber nicht retten. Auf der anderen Seite wird der Applaus einer nichtmuslimischen Öffentlichkeit jungen Reformern wie Mouhanad Khorchide wenig nutzen, wenn sie muslimische Gläubige überzeugen wollen. Am Ende entscheidet der Zuspruch der Muslime, welches Modell sich durchsetzt.

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