: D O K U M E N T A T I O N Flüchtlinge sind keine Asylsuchenden
■ Menschenrechts–Initiative weist auf den rechtlich wesentlichen Unterschied zwischen Flüchtlingen und Asylsuchenden hin / Beide Gruppen haben Anrecht auf Schutz
Die Gustav–Heinemann–Initiative, deren Vorsitzende die kürzlich verstorbene Brigitte Gollwitzer war, ist ein Zusammenschluß von Bürgerrechtlern, der sich in der Vergangenheit u.a. mit Themen wie Berufsverboten und der Friedensbewegung befaßt hat. In der folgenden Erklärung formuliert der Kreis eine scharfe Kritik an dem Beschluß der Länder–Innenminister, Asylsuchende auch in Krisengebiete abzuschieben. Nach Auffassung der Initiative stellt diese Entscheidung einen Bruch der UN–Flüchtlingskonvention dar. Der Vorstand und Beirat der Gustav–Heinemann– Initiative ist betroffen über den Beschluß der Innenminister der Länder, daß künftig abgelehnte Asylbewerber grundsätzlich auch in Krisengebiete abgeschoben werden können. Wir stellen fest: - Wer aus politischen Gründen verfolgt wird, hat Anspruch auf Asyl nach Artikel 16 des Grundgesetzes. Die Achtung vor der Verfassung, die Erinnerung an das Schicksal Hunderttausender von politisch Verfolgten aus Deutschland, die ab 1933 in anderen Ländern Zuflucht suchen mußten, gebieten in gleicher Weise eine großzügige und menschliche Asylgewährung. - Wer aus Kriegs– und Krisengebieten fliehen muß, hat als Flüchtling den Schutz der UN–Flüchtlingskonvention. Es ist unangemessen und unwürdig, von diesen Flüchtlingen das Stellen eines Asylantrages zu verlangen, den Antrag dann abzulehnen und die Betroffenen dadurch in Mißkredit zu bringen. Flüchtlinge aus Kriegs– und Krisengebieten sind nicht Asylbewerber, sondern als Flüchtlinge geschützt. Wer selbst Flüchtling war, kennt ihre Not. Da die Bundesrepublik Deutschland sich der UN–Flüchtlingskonvention angeschlossen hat, muß sie sich auch entsprechend verhalten. Die Flüchtlingsnot gebietet im übrigen, in den Gebieten politischer und wirtschaftlicher Krisen direkt zu helfen, um die Ursachen der Fluchtbewegung anzugehen. Je wohlhabender ein Land ist, desto größer ist seine Verpflichtung an dieser Stelle. - Nur wer weder politisch Verfolgter nach Artikel 16 GG noch Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention ist, darf aufgefordert werden, die Bundesrepublik in angemessener Zeit zu verlassen. Erst wenn er dieser Aufforderung nicht folgt, kann eine Abschiebung in Frage kommen. Aus den genannten Gründen fordern Beirat und Vorstand der Gustav–Heinemann–Initiative die Innenminister auf, ihren Beschluß zurückzunehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen