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Comedyserie im Internet„Schlampe auf Rädern“

Die querschnittsgelähmte Teal Sherer verarbeitet in „My Gimpy Life" ihr Leben als Schauspielerin: selbstironisch, lustig, aber nicht ohne Auftrag.

Na, funktioniert bei dir untenrum noch alles? Einer der Sätze, die Teal Sherer nicht hören will. Bild: Screenshot: mygimpylife.com

Diese Serie hätte richtig danebengehen können. Schauspielerin im Rollstuhl will es in Hollywood schaffen. Bei so einer Vorgabe ersetzt das Anliegen schnell die Handlung, und das Ergebnis ist nicht gut, sondern bloß gut gemeint. Doch die gerade veröffentlichte erste Staffel der US-Webserie „My Gimpy Life“ (Mein verkrüppeltes Leben) ist wirklich gut.

Das liegt zum einen daran, dass es eine Comedyserie ist und Humor vieles verträglicher macht. Zum anderen daran, dass die Erfinderin und Hauptdarstellerin Teal Sherer auch im echten Leben im Rollstuhl sitzt und deshalb mit Drehbuchschreiber Gabe Uhr nicht nur eine Serie über eine Behinderte, sondern auch aus der Sicht einer Behinderten geschaffen hat. Sherer, 31, ist, seit sie mit 14 einen Autounfall hatte, querschnittsgelähmt.

In der dritten von fünf Folgen, keine länger als neun Minuten, wendet sie sich explizit gegen falsches Pathos im Umgang mit Behinderten. Die Regisseurin einer Theatergruppe ist so begeistert von Teals gar nicht so tollem Vorsprechen, dass sie die Hand auf ihren Kopf legt und sagt, wie inspirierend sie sei. Das finden auch die anderen Theaterleute. Teal hört sich das so lange an, bis sie wutentbrannt entgegnet, dass sie eine Schauspielerin sei und kein Maskottchen. Die Stimmung schlägt um, die Regisseurin nennt sie eine „Schlampe auf Rädern“. Das gefällt Teal viel besser als die Komplimente.

Weil die Serie nicht im Fernsehen läuft, sondern kostenlos auf YouTube, dürfen die Darsteller kräftig fluchen. Das fällt zum Beispiel auf, wenn Teal mal wieder gefragt wird, ob bei ihr untenrum noch alles funktioniere. Immer wieder wird ihre naive Entschlossenheit so auf die Probe gestellt. Ob sie ihre selbstironische Rolle in weiteren Staffeln spielen darf, hängt von der Finanzierung ab.

„My Gimpy Life“ ist aber nicht ohne Auftrag: Die Serie will zeigen, welche Probleme Behinderte und besonders behinderte Schauspieler im Alltag haben. Sherer sagt: „Schauspieler haben es schon schwer genug, behinderte Schauspieler haben es noch hundertmal schwerer.“

Die erste Staffel ist auf zu sehen

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1 Kommentar

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  • L
    LAS

    Teal Sherer ist nicht Behindert sie hat eine Behinderung... Ich finde deine Beirag wirklich gut jedoch vergessen einige der TAZ Redakteure manchmal die Macht der Worte!Es heißt Mensche MIT Behinderung nicht behinderter Mensche!!!

     

    „Der Kern des Problems mit dem Begriff Behinderung ... liegt in der Unterscheidung von Menschen mit und ohne und damit in der Konstruktion von zwei unterschiedlichen Gruppen, von denen die eine als normal definiert ist und die andere als nicht normal.“

     

    – mittendrin e.V. (Hrsg.): Eine Schule für Alle - Inklusion umsetzen in der Sekundarstufe, Verlag an der Ruhr 2012, ISBN 978-3-8346-0891-8, S. 11: Wer will denn schon normal sein? - Zum Begriff der Behinderung

     

    „Niemals würde ein Mathematiklehrer einen Tierpfleger wegen seiner wahrscheinlich nicht übermäßig vorhandenen Mathekenntnisse als behindert bezeichnen, eine Reinigungskraft bezeichnet einen Bauingenieur wegen wahrscheinlich fehlender Reinigungspraktiken nicht als behindert, und ein Dachdecker betitelt einen Gärtner nicht als behindert, weil er am Boden arbeitet. Diese Reihe an Beispielen ließe sich unbegrenzt fortsetzen. Betrachten wir die Sichtweise (behinderter Mensch – nicht behinderter Mensch) doch einfach mal aus der umgekehrten Perspektive. Ich kenne keinen contergangeschädigten Menschen, der alle anderen, die nicht z. B. mit den Füßen schreiben oder essen können, als behindert bezeichnet. Oder halten alle im Rollstuhl sitzenden Menschen die Läufer für behindert, weil sie nicht mit dem Rollstuhl umgehen könne?“

     

    – Sofia Plich: In: Zeitschrift Mondkalb, 1/2007, S. 7. In:[11]