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Archiv-Artikel

CIA: VON ITALIEN HABEN DIE US-AGENTEN NICHTS ZU BEFÜRCHTEN Eine Entführung ohne Folgen

Noch einmal sechs Haftbefehle der Mailänder Justiz gegen CIA-Agenten, weil die Amerikaner auf italienischem Boden einen ägyptischen Imam verschleppt haben sollen: Das klingt nach schweren diplomatischen Spannungen zwischen Italien und den USA. Merkwürdigerweise aber ist von diesen Spannungen keine Spur, obwohl es nun schon 19 US-Agenten sind, nach denen Italien europaweit fahnden lässt.

Die Medien halten das Thema für nicht mehr interessant, widmen der illegalen Entführungsaktion höchstens noch ein paar Zeilen. Die Opposition, die noch bei Aufkommen des Skandals nach rückhaltloser Aufklärung gerufen, die die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gefordert hatte: Auch sie hält still. Und die Regierung? Berlusconi hatte vor einem Monat, nach Ausstellung der ersten Haftbefehle gegen die Schlapphüte, noch den US-Botschafter einbestellt. Schon damals aber wurde deutlich, dass der Konflikt keiner war. Berlusconi sagte dem Bush-Diplomaten, auch die USA habe gefälligst Italiens Souveränität zu respektieren – und der freundliche Botschafter gab zurück, das sei doch selbstverständlich. Nicht eine Klärung war dieses Gespräch und auch keine diplomatische Attacke auf die USA, sondern eine Lachnummer mit verteilten Rollen.

Schlimmer noch: Die Inszenierung selbst dementierte den scheinbar scharfen italienischen Protest. Wenn die illegale Verschleppung eines Menschen durch CIA-Häscher mit anschließender Folterung des Verhafteten bloß zu einem Teestündchen des Ministerpräsidenten mit dem Botschafter führt, dann ist das Signal an Bush: weiter so. In dieses Bild fügt sich, dass Italiens Regierung jetzt trotz der neuen Haftbefehle die Affäre als lange schon erledigten Nichtfall behandelt. Dass auch die Opposition jedes Interesse verloren hat, ist nur mit politischer Erschöpfung nach all den Skandalen um Berlusconi zu erklären. Schließlich wirft der Entführungsfall Fragen nicht nur nach dem Wirken der USA auf – sondern auch die Frage, ob Italiens Regierung die CIA beim illegalen Zugriff in Mailand unterstützte. MICHAEL BRAUN